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Macht sich Facebook infolge von Meinungszensur strafbar?

Macht sich Facebook infolge von Meinungszensur strafbar?

Facebook hatte nach Angaben diverser Medien Verlinkungen zur Facebook-Parodie Lamebook gesperrt. Wem die Macht des rund 500 Millionen Mitglieder zählenden Netzwerkes bis jetzt nicht bekannt war, der erhält nunmehr eine Lektion wie wirtschaftliche Freiheit und Meinungsfreiheit nach Vorstellung des amerikanischen Konzerns unter einen Hut gebracht werden können – nämlich gar nicht. Die Meinungsfreiheit hat vielmehr aufgrund der eigenen Unternehmensinteressen unter den Tisch zu fallen, eine zumindest nach deutschem Recht wohl eher etwas sportliche Ansicht.

Willkommen auf dem Spielfeld

Interessant ist in diesem Zusammenhang allerdings die Frage, inwieweit hier auch strafrechtliches Terrain betreten wird, denn wer rechtswidrig Daten löscht, unterdrückt, unbrauchbar macht oder verändert, macht sich gemäß §303a StGB strafbar.

Interessanterweise räumt Facebook seinen Nutzern sogar ausdrücklich vollumfängliche Rechte an den von ihnen geposteten Daten ein, so schreibt Facebook unter Ziff. 2 seiner Nutzungsbedingungen

„Dir gehören alle Inhalte und Informationen, die du auf Facebook postest.“

Zumindest die für die Erfüllung des §303a StGB notwendige Rechtswidrigkeit erscheint relativ unproblematisch gegeben, sofern Facebook absichtlich bereits gepostete Verlinkungen nachträglich entfernt haben sollte.

Jetzt heißt es: DEFENSE Facebook!

Zwar behält sich Facebook in seine Nutzungsbedingungen vor, sämtliche Inhalte und Informationen, die gepostet werden zu entfernen, wenn Facebook der Ansicht ist, dass diese gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen. Danach wäre für eine Löschungsberechtigung jede (ggf. unzutreffende) Ansicht von Facebook ausreichend, so dass letztlich jegliche Informationen gelöscht werden könnten, was in der Folge die Nutzung völlig einschränken würde, weshalb diese Regelung gegen §307 II Nr. 2 BGB verstößt, also nichtig ist.

Dazu kommt, dass zum Zeitpunkt der Akzeptanz der Nutzungsbedingungen überhaupt nicht klar ist, welche Ansicht Facebook vertritt oder vertreten wird, weshalb darüber hinaus ein Verstoß gegen das Transparenzgebot des §307 I 2 BGB vorliegt, weiterhin würde eine solche Bestimmung auch dazu führen, dass Facebook auch im Falle einer unzutreffenden Ansicht ein Löschungsrecht eingeräumt wird, weshalb die Bestimmung den Nutzer entgegen §307 I 1 BGB auch noch unangemessen benachteiligt. Letztlich ist diese Regelung also ohnehin in jedem Fall nichtig, zumal auch ein Widerspruch gegen Ziff 2. vorliegt, wonach dem Nutzer an seinen Daten sämtliche Rechte eingeräumt werden.

Nach Angaben des Handelsblattes soll Facebook allerdings ein technisches Versehen als Ursache für eine Blockade der Verlinkungen benannt haben, was den eindeutigen Vorteil hat, dass ein technisches Versehen eine Strafbarkeit natürlich ausschließen würde.

Spielerauswechslung

Wie das Handelsblatt nunmehr weiter berichtet, geht Facebook angeblich aktuell aber sogar noch einen Schritt weiter. So soll ein Leser des Blogs Netzwertig darauf aufmerksam gemacht haben, dass Facebook nunmehr Links (in privaten Nachrichten als auch auf öffentlichen Pinnwänden) auf die Protestinitiative OpenBook unterbinde, welche für eine Sensibilisierung des Datenumgangs im Zusammenhang mit Facebook wirbt. Ob es sich auch dieses Mal um ein „Versehen“ handelt ist nicht bekannt, deshalb ein Schelm wer nun Böses denkt!

Die Ersatzbank

Gerade aber die Einflussnahme auf den Inhalt privater Nachrichten verleiht dem Thema angesichts von §88 TKG und §206 StGB eine nicht ganz uninteressante Brisanz. Denn Facebook ermöglicht die Versendung privater Nachrichten und wird so zum Anbieter von Telekommunikationsdiensten (§3 Nr. 6a, Nr. 10, Nr. 22 TKG). Nach §88 II TKG ist allerdings jeder Diensteanbieter zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses verpflichtet.

Nach Absatz III ist es dem Diensteanbieter untersagt, sich oder anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste einschließlich des Schutzes ihrer technischen Systeme erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen. Soweit Facebook jedoch aus privaten Nachrichten Links entfernt haben sollte, so setzt dies notwendig eine vorherige Kenntniserlangung des Inhalts voraus, ohne jedoch von §88 TKG gedeckt zu sein. Das daraus resultierende Folgeproblem ist, dass dann auch eine Strafbarkeit aufgrund des §206 II Nr. 2 StGB, in Form der Unterdrückung einer zur Übermittlung anvertrauten Sendung, gegeben sein könnte.

Elfmeter in letzter Sekunde

Die alles entscheidende Frage ist in diesem Zusammenhang allerdings, ob überhaupt deutsches Recht zur Anwendung kommt. Wirft man einen Blick auf das Impressum von Facebook, so ist dort

Facebook Ireland Limited Hanover Reach,
5-7 Hanover Quay,
Dublin 2 Ireland

als verantwortlicher Diensteanbieter eingetragen, weshalb die Anwendung deutschen Rechts eher ausscheiden dürfte.

Allerdings unterhält Facebook auch eine deutsche Tochtergesellschaft mit dem Namen Facebook Deutschland GmbH, inwieweit diese jedoch Verantwortlichkeiten trifft, scheint eher fraglich denn hierbei handelt es sich um eine selbständige juristische Person. Falls doch, so bleibt nur zu hoffen, dass dort ein Datenschutzbeauftragter beschäftigt ist, der sich auch auskennt.

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  • Nach Angaben des Handelsblattes soll Facebook allerdings ein technisches Versehen als Ursache für eine Blockade der Verlinkungen benannt haben, was den eindeutigen Vorteil hat, dass ein technisches Versehen eine Strafbarkeit natürlich ausschließen würde.

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