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Aufbewahrung von Bewerberdaten aus „statistischen Gründen“

Aufbewahrung von Bewerberdaten aus „statistischen Gründen“

In vielen Unternehmen werden die Bewerbungen der abgelehnten Bewerber aus „statistischen Gründen“ für unbegrenzte Zeit aufbewahrt. Ein solches Vorgehen ist aus Sicht des Datenschutzrechts problematisch.

Sachverhalt

Bei größeren Unternehmen kann es vorkommen, dass im Jahr insgesamt über 100 Bewerber zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen werden. Um in der Masse der Bewerbungen noch einen Überblick zu behalten, wird in der Personalabteilung oft eine Bewerber-Datenbank angelegt, aus der auch hervorgeht, aus welchen Gründen der Bewerber abgelehnt wurde.

Der Zweck der Aufbewahrung der Bewerbungsunterlagen kann unterschiedlich sein: Manchmal sieht das Unternehmen in einem Bewerber Potenzial. Er möchte die Bewerbung aufbewahren, um den Bewerber künftig bei vakanten Stellen berücksichtigen zu können.

Es gibt aber auch genau umgekehrte Fälle, wo der Jobsuchende in dem Bewerbungsgespräch keinen guten Eindruck hinterlassen hat, obwohl sein Lebenslauf an sich für das Unternehmen interessant war. In diesem Fall will das Unternehmen die Bewerbung samt Gründen der Ablehnung aufbewahren, um künftig, falls der Bewerber sich noch mal bewerben sollte, die Bewerbung ohne ein mündliches Gespräch ablehnen zu können. Damit wird so einiges an Zeit und Mühe gespart.

Zweckbindung und Einwilligung

Im Datenschutzrecht gilt der Grundsatz der Zweckbindung. Das heißt, dass Daten, die zu einem bestimmten Zweck erhoben wurde, auch nur zu diesem Zweck verwendet werden dürfen. Daher muss bei jeder Änderung des Sachverhaltes geprüft werden, ob die Daten noch zu dem ursprünglichen Zweck verwendet werden.

Bewirbt sich ein Bewerber für eine freie Stelle, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass seine Bewerbung samt Unterlagen auch nur im Rahmen dieser Bewerbungsverfahren verwendet wird. Möchte nun das Unternehmen die Bewerbungen für weitere Zwecke verwenden, muss er hierfür eine Einwilligung des Bewerbers einholen.

In vielen Unternehmen wird die Einwilligung des Bewerbers eingeholt, falls der Bewerber weiterhin für das Unternehmen interessant ist. Erteilt der Bewerber seine Einwilligung, so darf seine Bewerbung samt Unterlagen nur zu diesem Zweck länger (wobei die Frist definiert sein soll) aufbewahrt werden.

Möchte nun das Unternehmen die Bewerbungsunterlagen aufbewahren, um dem Bewerber im Rahmen einer erneuten Bewerbung möglichst schnell absagen zu können, muss er auch hierfür die Einwilligung des Bewerbers einholen. Wie so ein Gespräch zwischen dem Unternehmen und dem Bewerber aussehen könnte, kann sich jeder vorstellen.

Aufbewahrungsfristen von Bewerbungen

In unserem Blog haben wir uns schon ausführlich mit den Aufbewahrungsfristen von Bewerbungen auseinandergesetzt. Grundsätzlich sind die Bewerberdaten (Anschreiben, Lebenslauf, Zeugnisse, usw.) nach 3-6 Monaten zu löschen. Eine längere Aufbewahrung von Bewerbungen kommt in Betracht, wenn der Bewerber hierin eingewilligt hat.

So verhält es sich auch hier. Möchte das Unternehmen die Bewerbungen von den abgelehnten Bewerbern länger als 3-6 Monate aufbewahren, so muss er hierfür die Einwilligung der Bewerber einholen. Im Rahmen der Einwilligung ist der Bewerber auf den konkreten Zweck der Aufbewahrung hinzuweisen.

Notizen im Rahmen des Bewerbungsverfahrens

Auch Notizen, die im Rahmen des Bewerbungsverfahrens angefertigt wurden, sind zu löschen, wenn sie nicht mehr benötigt werden. Da die Notizen zum Zwecke der Beurteilung der Tauglichkeit eines Bewerbers angefertigt wurden, ist deren Aufbewahrung nach der Ablehnung des Bewerbers überflüssig und die Aufbewahrung nicht mehr vom ursprünglichen Zweck gedeckt. Die Aufbewahrung solcher Notizen über die Frist von 6 Monaten hinaus dürfte daher unzulässig sein.

Wenn allein die Tatsache einer Bewerbung seitens des potentiellen Arbeitgebers festgehalten werden soll, reicht es aus, eine Ablichtung des Absageschreibens aufzubewahren.

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  • Und wie soll man das als Einzelner kontrollieren? Das Unternehmen wird immer ungestraft lügen können, dass keine Daten mehr gespeichert seien. Man kann ja schließlich nicht selbst vorbeigehen und eine Hausdurchsuchung starten. Wenn das Unternehmen es darauf anlegt, kann es lügen, ohne Entdeckung oder Strafe befürchten zu müssen.

    • Sie haben gem. § 34 Abs. 1 BDSG gegenüber dem Unternehmen einen Auskunftsanspruch. Falls Sie Zweifel an der Richtigkeit der Angaben haben, können Sie sich an die zuständige Aufsichtsbehörde wenden.

  • Wie sieht es denn mit der anonymen Bewerberdatenspeicherung aus, auf welcher gesetzlichen Grundlage kann das erfolgen?

  • Gibt es denn einen Leitfaden oder vergleichbar gute Artikel zur Anonymisierung von Bewerberdaten? Ich finde es äußerst schwer, da eine Vorgehensweise zu definieren.

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