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BGH-Urteil: Keine Herausgabepflicht von Arbeitnehmerdaten

BGH-Urteil: Keine Herausgabepflicht von Arbeitnehmerdaten

Arbeitgeber müssen die Daten ihrer Arbeitnehmer nicht zur Vorbereitung eines Gerichtsverfahrens an Dritte herausgeben. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für den Datenschutz im Unternehmen?

Keine Pflicht zur Herausgabe der privaten Anschrift

In dem jetzt entschiedenen Gerichtsverfahren ging es um die Zustellung einer Klage in einem Arzthaftungsprozess. Der Kläger wollte hierfür die Privatanschrift seines behandelnden Arztes erfahren. Der Arbeitgeber weigerte sich jedoch und der geschädigte Patient klagte auf Herausgabe der Informationen.

Leider lässt sich der bisher vom BGH veröffentlichten Pressemitteilung nicht entnehmen, warum die Klage auf Auskunft am Ende bis zum Bundesgerichtshof aufrechterhalten wurde. Die Schadensersatzklage konnte zwischenzeitlich nämlich nach einigen Schwierigkeiten an die dienstliche Anschrift des Arztes zugestellt werden. Die Offenbarung der privaten Kontaktdaten war im Ergebnis also nicht mehr erforderlich.

Die rechtliche Begründung des Gerichts

Spannend ist aber vor allem die rechtliche Begründung des Urteils:

„Der Auskunftserteilung steht außerdem die datenschutzrechtliche Vorschrift des § 32 Abs. 1 Satz 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) entgegen. Die Regelung gestattet dem Arbeitgeber die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Daten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses.

Der Arbeitgeber ist aber grundsätzlich nicht berechtigt, personenbezogene Daten, die für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben worden sind, an Dritte weiterzuleiten.

Da die Daten für die Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben worden sind, ist die Übermittlung an Dritte nach dem für den Datenschutz geltenden Zweckbindungsgebot grundsätzlich als zweckfremde Verwendung ausgeschlossen.

Eine Weiterleitung privater Kommunikationsdaten an Dritte bedarf vielmehr der Einwilligung des Betroffenen oder der besonderen Gestattung durch eine Rechtsvorschrift.“

§ 32 BDSG regelt die Verwendung von Daten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses. Dass die Übermittlung für diesen Zweck nicht erforderlich ist, leuchtet auch direkt ein. Dies müsste sogar gelten, wenn die Klage nicht auf anderem Wege zugstellt worden wäre.

Alternative Begründungsansätze

Mit Spannung darf man das ausführliche Urteil in dieser Sache erwarten. Neben § 32 BDSG kommt nämlich noch § 28 BDSG als Erlaubnisnorm in Betracht. Und die Anwendbarkeit von § 28 neben § 32 BDSG ist seit Jahren ein Streitpunkt unter Juristen.

Kurz gesagt: Die Datennutzung für die Klage des Patienten sei ja keine Verwendung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses und daher müsse eine solche Verwendung zumindest im Einzelfall auch möglich sein. Vor diesem Hintergrund wird eine Anwendung von § 28 vielfach gefordert.

Ganz von der Hand zu weisen ist diese Auffassung nicht. Was wäre denn, wenn die Klinik sich selbst vor Schadensersatzansprüchen schützen könnte, wenn sie die Daten mitteilte? Wäre die Übermittlung dann möglich, weil die Klinik eigene Interessen geltend machen könnte?

Auswirkungen auf Unternehmen

Das Urteil hat auch Auswirkungen auf Unternehmen. Wenn die Übermittlung nämlich nicht durchgeführt werden muss, weil sie nach § 32 BDSG nicht erforderlich ist, dann darf sie auch nicht durchgeführt werden. Das gilt selbst dann, wenn das Unternehmen die Daten freiwillig weitergeben möchte. Zweckbindung und Erforderlichkeitsgrundsatz verhindern hier die Datennutzung zu diesem Zweck.

Den Verantwortlichen im Personalbereich eines Unternehmens kann daher nur noch einmal ans Herz gelegt werden, jede Bekanntgabe von Mitarbeiterdaten gewissenhaft zu prüfen. Das gilt für private Anfragen genauso wie für Anfragen der Polizei oder des Jugendamtes.

Außerdem sollte immer der Datenschutzbeauftragte mit einbezogen werden. Eine vorschnell gegebene Auskunft lässt sich nämlich nicht mehr rückgängig machen.

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  • Einen ähnlichen Fall gab es in unserer Klinik, hier wurde die Herausgabe der Anschrift eines Pflegers gefordert. Was nicht passierte, dem Anfragenden wurde als ladungsfähige Anschrift die Klinikadresse genannt und dem Beschäftigten die Post vom Gericht ungeöffnet zugestellt.

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