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Datenschutz bei Betriebsübergang

Datenschutz bei Betriebsübergang

Hin und wieder kommt es zu einem Wechsel des Inhabers eines Betriebes oder von Betriebsteilen. Dabei kann es sich bei einem solchen Wechsel um einen Betriebsübergang handeln. Hierbei sind neben einer Reihe von vertrags- und handelsrechtlichen Gesichtspunkten auch datenschutzrechtliche Aspekte zu beachten.

Wann liegt ein Betriebsübergang vor?

Die Rechte und Pflichten bei einem Betriebsübergang sind in § 613a BGB geregelt. Daher muss stets als erstes geklärt werden, ob es sich um einen Betriebsübergang im Sinne dieser Vorschrift handelt. Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 13. 7. 2006 – 8 AZR 331/05) führt hierzu aus:

„Ein Betriebsübergang i.S.v. § 613a BGB liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt.“

Ob die Identität tatsächlich gewahrt bleibt, ist eine Entscheidung des Einzelfalles. Anhaltpunkte liefern nach dem BAG u.a.

  • die Art des betreffenden Betriebs,
  • der Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter sowie deren Wert und Bedeutung,
  • die Übernahme der immateriellen Betriebsmittel und der vorhandenen Organisation,
  • in betriebsmittelarmen Betrieben die Weiterbeschäftigung der Hauptbelegschaft sowie
  • der Übergang von Kundschaft und Lieferantenbeziehungen.

Gleiches gilt für den Übergang eines Betriebsteils.

Amt des Datenschutzbeauftragten bei Betriebsübergang

Liegt also tatsächlich ein Betriebsübergang vor, stellt sich die Frage, was mit dem bestellten Datenschutzbeauftragten passiert: besteht seine Bestellung fort oder erlischt sie mit dem Betriebsübergang?

Die Rechtsprechung ist sich einig, dass ein Übergang des Funktionsamtes des Datenschutzbeauftragten nicht automatisch mit Betriebsübergang stattfindet. Dies stellt das Arbeitsgericht Cottbus (Urteil vom 14. Februar 2013 · Az. 3 Ca 1043/12) sogar gleich in seinem Leitsatz klar. Und auch das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 29. September 2010 · Az. 10 AZR 588/09) formuliert ausdrücklich:

„Die Bestellung zur Datenschutzbeauftragten erlischt unabhängig vom Arbeitsverhältnis, wenn die Voraussetzungen des § 4 f Abs. 1 S. 1 BDSG nicht mehr vorliegen. Damit knüpft die Bestellung an das Unternehmen an, für das die Bestellung erfolgt ist, nicht an das Arbeitsverhältnis. (…) Ein Übergang dieses Funktionsamtes findet nicht statt, da das Amt unmittelbar beim Rechtsträger besteht.“

Betriebsvereinbarungen bei Betriebsübergang

Darüber hinaus stellt sich die Frage, was mit bereits bestehenden Betriebsvereinbarungen geschieht, die etwa die Videoüberwachung oder die E-Mail– und Internetnutzung regeln.

Auch hier stellt die Rechtsprechung des BAG (Beschluss vom 18. 9. 2002 – 1 ABR 54/01) auf die Identität des Betriebes ab. Mit der Identität des Betriebs bleibt die entscheidende Grundlage für die Fortgeltung der Betriebsvereinbarungen aufrechterhalten, so dass die im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Betriebsvereinbarungen unmittelbar für und gegen den neuen Betriebsinhaber wirken.

Etwas anderes gilt dann, wenn der Betrieb anlässlich des Übergangs seine bisherige Identität verliert.

Kundendaten bei Betriebsübergang

Eine weitere datenschutzrechtliche Frage im Rahmen des Betriebsübergangs stellt sich bei dem rechtskonformen Umgang mit Kundendaten. Dabei ist zwischen Kundendaten im Rahmen der Vertragsdurchführung und denen im Rahmen von Newsletter-Abos zu unterscheiden. Bei ersteren kommt es auf den Einzelfall und die konkrete vertragliche Gestaltung an.

Bei den Newsletter-Kunden stellt sich im Rahmen der Einwilligung folgendes Problem: Die erforderliche Einwilligung in den Newsletter-Empfang ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung und muss daher gerade gegenüber dem Werbenden oder seinen Mitarbeitern erklärt werden. Da aber der Werbende bei einem Betriebsübergang wechselt, sollten von allen Newsletter-Empfängern neue Einwilligungserklärungen eingeholt werden. Die Möglichkeit des Opt-Out-Verfahrens hat der BGH (Urteil vom 16. Juli 2008 – VIII ZR 348/06) allerdings ausdrücklich für nicht ausreichend erklärt. Auch wenn sich diese Entscheidung nicht auf den Betriebsübergang bezieht, so kann für den Identitätswechsel des Werbenden nichts anderes gelten.

Mitarbeiterdatenschutz bei Betriebsübergang

Hinsichtlich des Mitarbeiterdatenschutzes gelten bei Betriebsübergang keine Besonderheiten. Der neue Inhaber ist verantwortliche Stelle im Sinne des § 3 Abs. 7 BDSG und damit für die Einhaltung des Arbeitnehmerdatenschutzes verantwortlich.

Jemand, der sich mit den datenschutzrechtlichen Fragestellungen rund um das Thema Betriebsübergang auskennen sollte, ist Ihr Datenschutzbeauftragter – gut also, wenn Sie einen haben…

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  • Vielen Dank für den Artikel. Leider ist mir nicht ganz klar, was bei grundsätzlichen Kundendaten im Rahmen eines Vertragsverhältnisses zu beachten ist. Sie gehen hier nur auf Kundendaten im Rahmen von Newslettern ein. Vielen Dank für eine kurze Rückmeldung.

    • Diese Frage ist auch nicht pauschal zu beantworten. Grundsätzlich kann man sagen, dass eine weitere Nutzung von Kundendaten nach Betriebsübergang zum Zwecke der weiteren Vertragsdurchführung u.U. auf Art. 6 Abs. 1lit. f) DSGVO gestützt werden kann. Im Regelfall wird hier ein berechtigtes Interesse vorliegen. Es ist jedoch in jedem Einzelfall darauf zu achten, ob die Datenverarbeitung zum selben Zweck wie zuvor erfolgt. Falls nicht, ist eine informierte Einwilligung nötig. Zudem dürfen die Interessen der betroffenen Personen (Kunden) nicht überwiegen. Das ist immer zu prüfen, da nach Betriebsübergang sich im Regelfall ja der Vertragspartner für den Kunden ändert.

      Ohne Einwilligung war bisher immer auch eine Übermittlung der sog. Listendaten (v.a. Name und Postanschrift) möglich. Diese können dann auch zu Werbezwecken verwendet werden. Alles was darüber hinausgeht (E-Mail-Adresse, Telefonnummer), darf nur nach erneuter informierter Einwilligung zu Werbezwecken genutzt werden.

      Einen etwas älteren Artikel zu diesem Thema (Unternehmenskauf) finden Sie hier.

      Beachten Sie hierbei aber, dass die sog. Widerspruchslösung zur Weitergabe von Daten zu Werbezwecken (alles was über Listendaten hinaus geht) mit Geltung der DSGVO wohl nicht mehr rechtssicher praktikabel ist. Hier kommt man um das Einholen einer Einwilligung nicht herum, wenn man kein Risiko eingehen möchte.

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