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Eilmeldung: Will Merkel Facebook in Deutschland verbieten?

Eilmeldung: Will Merkel Facebook in Deutschland verbieten?

Dies soll der letzte Artikel zu Facebook sein. Vorerst. Bitte keine Ilse Aigner („Ministerin für Wurst, Käse, Facebook“), die tapfer meine Rechte gegen die irisch-amerikanischen Datenräuber verteidigt, keine Angela Merkel, die per Videobotschaft mehr Transparenz im Datenschutz fordert und sich von ihrem Redenschreiber den inhaltslosen Satz hat aufschreiben lassen: „Das wesentliche Schlagwort heißt aber: Transparenz. Wer sich vor Missbrauch schützen will, muss auf Transparenz pochen. Das heißt, es muss klar sein, wer über wen welche Daten speichert. Und jeder Internetnutzer hat Anspruch darauf, genau dies auch zu erfahren“.

Diskussion um Facebook

Ich weiß, Facebook ist böse und was die mit unseren Daten machen, wissen selbst die vor den Ausschuss geladenen Manager kaum. Doch was erwartet man von einem Laden, der nichts herstellt, nichts verkauft, nichts anbietet: Außer den Daten seiner 600 Mio. Nutzer – und damit 50 – 100 Mrd. Dollar wert ist.

Und es ist nun nicht gerade so, dass User zwangsverpflichtet würden. StudiVZ etwa, Facebooks deutscher Klon, der im Wesentlichen deutsches Datenschutzrecht einhält, will halt keiner nutzen – wegen uncool und so.

Und überhaupt. Wenn das ULD zum like-Button ausführt:

Facebook vertieft damit die Einblicke in Interessen und Surfverhalten seiner Mitglieder im Internet. Und zwar unabhängig davon, ob der Button überhaupt angeklickt wird. Die Integration des Button-Codes in eine Webseite erzeugt einen sog. „inner frame“, ein Fenster innerhalb der Seite, über welches Facebook von nun an Kenntnis über jeden Seitenbesucher erlangt. Durch Auslesen des Cookie-Verzeichnisses werden Facebook-Mitglieder erkannt und identifiziert, unerheblich ob sie aktuell eingeloggt sind oder nicht. Denn in beiden Fällen haben sie ein entsprechendes Cookie.

Von Nicht-Mitgliedern erhält Facebook zumindest die IP-Adresse und Browser-Parameter wie den „User Agent“ (z.B. „Firefox/3.x“) oder unterstützte Sprachversionen. Hat ein Surfer JavaScript nicht deaktiviert, können ferner umfassende Informationen zum Betriebssystem und zu installierten Systemkomponenten ausgelesen werden. Da kaum zwei Rechner auf der Welt in allen Systemparametern absolut identisch sind, kann mit diesem Wissen ein sog. „Browser-Fingerabdruck“ erstellt werden, welcher jeden PC und jedes Internet-Zugangsgerät mehr oder weniger eindeutig beschreibt.

Ist das nicht dem WWW immanent bzw. wird ein derartiges Tracking nicht regelmäßig beim Einbinden fremden Contents auf Webseiten praktiziert – etwa bei Onlinewerbung? Auf dieses Problem weist der Blogger Henning Tillmann in seinem Beitrag hin. Das Problem ist doch nicht die technische Ausgestaltung, sondern eher die Frage, was mit den Daten in den USA passiert und wie mit den erhobenen Daten umgegangen wird? Doch hierzu schweigt Facebook natürlich vor einem Ausschuss in Deutschland, da sie hier gar nicht greifbar sind.

Warum dieses Bashing, warum dieser mediale Hype um Facebook? Wenn deutsche Politiker sich so medial in den Vordergrund drängen bei einem Thema, bei dem sie überhaupt keine Entscheidungskompetenz haben, darf man sich doch schon fragen: Sind momentan nicht andere Themen drängender?

Thema: Staatliche Überwachung

Welches Verständnis Legislative und Exekutive von Datenschutz und bürgerlichen Freiheitsrechten tatsächlich haben, konnte man in den letzten Monaten erfahren.

Etwa wenn der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, selbst die Tragödie um das Massaker in Norwegen als Vorwand für die Forderung nach Vorratsdatenspeicherung nimmt, wenn ganze Demonstrationszüge durch die CDU geführte sächsische Polizei rechtswidrig überwacht werden („Funkzellenabfrage“) oder beim hundertfachen Einsatz verfassungswidriger Spionagesoftware („Staatstrojaner“) durch staatliche Stellen.

Diese Vorgänger sind noch Lappalien angesichts der möglicher Überwachungsszenarien, wie beispielsweise durch das Projekt INDECT. Hier sollen Drohnen und Kameras ganze Stadtteile überwachen und bei „abnormen Verhalten“ einzelne Bürger per Gesichtserkennung eine Abfrage bei polizeilichen Datenbanken, im Internet, über soziale Netzwerke und Suchmaschinen starten. Dieses von der EU geleitete Projekt soll bereits zur UEFA EM 2012 und den Olympischen Spielen 2014 in London eingesetzt werden – sicherlich wieder zur „Terrorabwehr“.

Eine öffentliche Diskussion, wie weit die Bürger den staatlichen Stellen Einschnitte in elementare Kernbereiche der persönlichen Freiheit zu gestatten wollen und wie eine rechtliche und technische Kontrolle dieser staatlichen Maßnahmen aussehen könnte: Fehlanzeige!

Thema: Arbeitnehmerdatenschutz

Auch beim Beschäftigtendatenschutz ist die Diskussion gerade voll im Gange. Hier geht es immerhin um die Rechte von 36,4 Millionen Arbeitnehmern und auch die Frage, welche Möglichkeiten der Arbeitgeber im Zweifel auch gegen den Willen des Arbeitnehmers hat.

Betroffen sind dabei so sensible Bereiche wie Mitarbeiter-Screening, offene und verdeckte Videoüberwachung oder Auskünfte zu Vermögensverhältnissen, Vorstrafen und laufenden Ermittlungsverfahren – auch ohne konkreten Bezug zum Arbeitsplatz. Hier liegt ein neuer Entwurf des Kabinetts vor, der am 05.11.2011 im Bundesrat debattiert wird und teils erheblich von der Vorgängerversion abweicht.

Zurück zu Facebook

Die Liste aktueller Fragen ist nicht abschließend. Ich bitte hier um weitere Themenvorschläge – gerne auch zu Facebook. Die intransparente Profilbildung und Auswertung persönlicher Daten zu kommerziellen Zwecken ist ein erhebliches Problem und muss geregelt werden. Doch ein bisschen mehr mediale Aufmerksamkeit auf weniger hippe, aber dafür relevantere Fragen würde dem Datenschutz als Freiheitsrecht gut tun.

Und überhaupt, was erwartet man sich denn von der Anhörung und was soll nun als Nächstes kommen: Will Merkel Facebook jetzt verbieten, oder was?

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