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Grüne fordern mehr Transparenz und Schutz beim Scoring

Grüne fordern mehr Transparenz und Schutz beim Scoring

Die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen haben einen neuen Gesetzesentwurf zum Scoring-Verfahren nach dem Bundesdatenschutzgesetz vorgelegt. Ziel ist es, die Rechte der Verbraucher zu stärken, indem das Betreiben von Scoring-Verfahren unter stärkere Bedingungen gestellt wird und den Betroffenen zusätzlich mehr Überblick über die zu ihm gespeicherten Daten verschafft werden soll.

Bisher: Weiter Spielraum für Auskunfteien – wenig Möglichkeiten für Verbraucher

Beim Scoring nach § 28 b BDSG wird mithilfe eines automatisierten Verfahrens ein Wahrscheinlichkeitswert ermittelt. Der Wert gibt darüber Auskunft, wie sicher die betreffende Person fähig und willens ist, ihre finanziellen Verbindlichkeiten zu begleichen.

Da fast alle Unternehmen, die ein finanzielles Risiko tragen, am Scoring – Verfahren teilnehmen, hat das für den Verbraucher weitreichende Konsequenzen. Bei entsprechend schlechten Score – Werten wird ihm der Zugang zu günstigen Krediten, Bankkonten oder dem bargeldlosen Zahlungsverkehr verwehrt bleiben.

Scoring ist damit ein wichtiges Mittel, um die finanziellen Risiken der Unternehmen einzugrenzen. Es greift damit aber auch unvermeidbar in die Rechte der Betroffenen ein. Das kann nur hingenommen werden, wenn das Gesetz den Verbraucher vor unzulässigen Scoring-Methoden schützt und für Transparenz sorgt.

Kritikpunkte an der aktuellen Rechtslage:

Kritikpunkt ist hauptsächlich die pauschale Fassung des § 28b BDSG, die den Auskunfteien viel Handlungsspielraum schafft. Insbesondere betrifft dies:

  • Keine gesetzliche Einschränkung der zum Scoring verwendeten Daten
  • Keine ausreichende Transparenz für den Verbraucher: Auskunfteien müssen die Gewichtung der Daten, die sie zur Scorewertberechnung heranziehen, nicht offenlegen. Außerdem müssen sie keine Angaben zu den von ihnen gebildeten Vergleichsgruppen machen. Nach dem BGH fallen diese Auskünfte unter das Geschäftsgeheimnis und sind damit geschützt.
  • Wenig Kontrolle der Auskunfteien und Unternehmen durch unabhängige Dritte: § 28b Nr.1 BDSG schreibt vor, dass Scoring-Werte nur auf Grundlage eines anerkannten mathematisch-statistischen Verfahrens berechnet werden dürfen. Das Gesetz konkretisiert jedoch keine weiteren Anforderungen, die an ein solches Verfahren oder die „wissenschaftliche Anerkanntheit“ gestellt werden.

Das soll sich ändern:

Der Gesetzesentwurf greift die Kritikpunkte vor und erweitert die einschlägigen Normen um folgende Punkte:

  • Daten, die nicht bonitätsrelevant sind oder diskriminierend wirken, dürfen nicht verwendet werden. Dazu zählen: Anschriftendaten, Daten aus sozialen Netzwerken, Daten aus Internetforen, Angaben zur Staatsangehörigkeit, zum Geschlecht, zu einer Behinderung, Angaben über die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben.
  • Erweiterung der Unterrichtungspflicht: Der Betroffene muss vorher über die Verwendung seiner Daten zum Scoring informiert werden. Zusätzlich soll der Betroffene jährlich von der Auskunftei über die zu ihm gespeicherten Daten informiert werden.
  • Das mathematisch-statistische Verfahren zur Scoreberechnung muss den Stand aktueller Wissenschaft und Forschung entsprechen. Die dazu angewandten Methoden sollen einer Prüfung und Beurteilung durch unabhängige Dritte zugänglich sein. Außerdem sind die Anforderungen an das Verfahren durch Rechtsverordnung festzulegen.
  • Im Rahmen des Auskunftsanspruchs müssen auch Angaben zur Vergleichsgruppe und Gewichtung der Daten offengelegt werden. Nur so kann der Betroffene nachprüfen, ob Fehler bei der Scorewertbildung vorliegen.
  • Daten über ein Insolvenzverfahren sind zu löschen, wenn dem Betroffen gemäß § 300 InsO die Restschuldbefreiung erteilt wurde.

Fazit

Die Neufassung greift die aktuellen Probleme beim Scoring umfassend auf und sorgt für mehr Transparenz und Sicherheit. Wie sich die Rechtslage tatsächlich entwickelt, bleibt abzuwarten.

 

Update:
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz lädt am 20.05.2015 zusammen mit dem Bundesinnenministerium zu einem Symposium zum Thema „Scoring – Die Praxis der Auskunfteien, deutsches Datenschutzrecht und europäische Perspektiven“ ein. Es wird ab 10:15 ein Livestream der Veranstaltung geben.

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  • Ein Gesetzentwurf für ein Scoringänderungsgesetz? Der Ansatz erschließt sich mir inhaltlich sicher. Muss Deutschland anhand der wahrscheinlich rudimentären Datenschutzgrundverordnung nun viele weitere Gesetze verabschieden? Viele Aufgaben für Datenschutzbeauftragte. Dennoch soll der Datenschutzbeauftragte (gemäß EU-Grundverordnung) so gut wie abgeschafft werden? Somit sollten wir doch zum Wohle aller Betroffenen am Datenschutzbeauftragten nach nationalem Recht festhalten. Wie sehen Sie die Chancen und den Sachverhalt Dr. Datenschutz?

    • Der Gesetzesentwurf zum Thema Scoring ist unabhängig von der Datenschutzgrundverordnung. Er bezieht sich auf die aktuelle Fassung des Bundesdatenschutzgesetzes und strebt eine Neufassung des §28b BDSG an. Nach der Begründung zum Gesetzesentwurf geht es gerade darum, eine zeitnahe Änderung der momentan bestehenden Rechtslage herbeizuführen. Das Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung soll nicht erst abgewartet werden müssen.
      Das Thema Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) wird seit Januar 2012 verhandelt. Sofern diese in Kraft tritt, ist sie von den Mitgliedsstaaten unmittelbar zu beachten und ersetzt (zumindest teilweise) nationale Gesetze wir das BDSG und das TMG. Über den konkreten Inhalt und Auswirkung der Datenschutzgrundverordnung kann momentan nur spekuliert werden. Eine endgültige Version liegt noch nicht vor und wird erst 2017 erwartet.

      Die Aufgabe des betrieblichen Datenschutzbeauftragten nach dem BDSG besteht darin, bereits im Vorfeld beratend und prüfend tätig zu werden und damit Rechtsverstöße zu vermeiden. Zusammen mit den Aufgaben der Aufsichtsbehörden ermöglicht diese Regelung einen umfassenden Datenschutz.

      Der Vorschlag, die Bestellung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten in der DSGVO verpflichtend festzulegen, konnte sich bisher nicht durchsetzen. Den Mitgliedsstaaten soll es aber selbst überlassen bleiben, hierzu eigene nationale Regelungen zu treffen. In Deutschland gilt das Konzept des betrieblichen Datenschutzbeauftragten allgemein als bewährt und soll daher auch so erhalten bleiben.

      Auch wir halten die Bestellung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten weiterhin als dringend empfehlenswert und gehen auch fest davon aus, dass die gesetzliche Regelung weiterhin bestehen bleibt.

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