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Grundannahmen zum Datenschutz – Trotz Kritik liegt De Maizière richtig

Grundannahmen zum Datenschutz – Trotz Kritik liegt De Maizière richtig

Thomas de Maizière äußerte sich im Rahmen einer Veranstaltung zum Datenschutz. Dafür wurde er teils heftig kritisiert. Seine geäußerten Grundannahmen zum Datenschutz sind aus buchstäblich juristischer Sicht jedoch zutreffend. Ein Kommentar:

Was war passiert?

Thomas de Maizière äußerte sich bei der Veranstaltung „Data Debates“ von Tagesspiegel und Telefónica Basecamp am vergangenen Donnerstag in Berlin erneut zum Datenschutz. Der Bundesinnenminister führte aus, dass es im Rahmen des Datenschutzes „einige zweifelhafte Grundannahmen“ gäbe, die eine öffentliche Debatte über die Privatsphäre „vernebeln“ würden und mit denen teilweise „auch heute Stimmung gemacht“ werde. Deshalb seien einige Klarstellungen notwendig.

Die einzelnen und wesentlichen Grundannahmen haben wir für Sie unter die Lupe genommen.

„Meine Daten gehören mir“

Für De Maizière ist diese Annahme falsch. Der Bundesinnenminister wendet dagegen ein, dass unter Juristen klar sei, dass personenbezogene Daten „nicht im Sinne eines absoluten Rechts geschützt“ seien und es ein Eigentum hieran nicht gäbe. Dafür spreche auch das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts, wonach ein Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht möglich sei.

Meine Meinung:
Hier liegt der Bundesinnenminister richtig. Ziel und Zweck des Datenschutzrechts ist es, den Einzelnen davor zu schützen, dass er durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird (§ 1 Abs. 1 BDSG).

Verfassungsrechtlich hat jeder Einzelne das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, sodass jeder selbst bestimmen kann, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über ihn weiß. Das Datenschutzrecht organisiert damit letztlich die Verfügungsbefugnisse über personenbezogene Daten und ordnet technische Vorkehrungen zum Schutz dieser Daten an (= Datensicherheit). Ohne ausdrückliche Einwilligung des Betroffenen bzw. ohne eindeutige Rechtsgrundlage ist es nicht möglich (Verbot mit Erlaubnisvorbehalt), über die personenbezogenen Daten eines Einzelnen ohne Weiteres zu bestimmen. Es ist damit aber auch nicht unmöglich, sodass es einen absoluten Schutz tatsächlich nicht gibt. Die Annahme „Meine Daten gehören mir“ ist damit tatsächlich in dem Sinne eines Eigentums nicht ganz korrekt.

„Datenschutz schützt Daten“

Auch diese Annahme ist nach Ansicht des Bundesinnenministers falsch. Der Datenschutz würde unter dieser Annahme vielmehr zu einem „Supergrundrecht“ werden. Richtigerweise werde die Persönlichkeit und das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen geschützt.

Meine Meinung:
Hier liegt der der Bundesinnenminister nach den juristischen Begrifflichkeiten ebenfalls richtig. Der Begriff „Datenschutz“ im wörtlichen Sinne suggeriert auf den ersten Blick zwar, die Daten selbst würden geschützt werden.

Richtig ist, dass in erster Linie der von der Verarbeitung seiner Daten „Betroffene“ geschützt ist. Der Schutz umfasst dabei alle sozialen und gesellschaftlichen Lebensbereiche, um die Selbst- und Mitbestimmungsbefugnisse über persönliche Daten zu erhalten, also nicht nur die Privatsphäre. Der Schutz von Daten an sich erfolgt vielmehr als technische Begleitmaßnahme über die Datensicherheit.

„Privatsphäre ist ein festes Konstrukt“

De Maizière meint, die Annahme gelte nicht absolut, da die Privatsphäre gesellschaftlichen Wandlungen unterworfen sei. So sei hier etwa die Grenzziehung beispielsweise durch die Digitalisierung und den „Exhibitionismus in sozialen Netzwerken“ nicht einfacher geworden.

Meine Meinung:
Hier kann in rechtlicher Hinsicht bereits auf die sog. „Sphärentheorie“ des Bundesverfassungsgerichts verwiesen werden. Die Privatsphäre nimmt danach eine Zwischenstellung zwischen der Intimsphäre, also der absoluten Zurückgezogenheit, und der Sozialsphäre ein, bei der die soziale Interaktion im Vordergrund steht. Die Sphärentheorie selbst wird allerdings dafür kritisiert, schon rechtlich keine klare Abgrenzung zu ermöglichen.

Die Privatsphäre ist aber nicht per se relativ. Auch wenn die Grenzziehung – gleich ob in rechtlicher oder in tatsächlicher Hinsicht – nicht einfacher geworden ist, ist im Zweifel jedoch ein erhöhter rechtlicher Schutz zu gewährleisten, da der Privatsphäre eine starke Tendenz zur Intimsphäre – also dem absolut geschützten Kernbereich – innewohnt. Hier dürfte der Bundesinnenminister also nur bedingt richtig liegen, da im Zweifel die Privatsphäre rechtlichen Schutz erhält.

Was meinen Sie?

Kann denn Datenschutz nur formaljuristisch betrachtet werden? Wir freuen uns auf Ihre Kommentare!

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  • Ich meine – nein, wenn es natürlich einer gewissen Systematik bedarf. Wenn jedoch der Durchschnittsbürger ein Gesetz kaum noch versteht, dann ist handwerklich nicht alles optimal gelaufen. Im Brandenburgischen Datenschutzgesetz heißt es: „Aufgabe dieses Gesetzes ist es, den einzelnen davor zu schützen, dass er durch die Verarbeitung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen in unzulässiger Weise in seinem Grundrecht beeinträchtigt wird, selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner Daten zu bestimmen (informationelles Selbstbestimmungsrecht).“ Was suggeriert der letzte Teil des Satzes – ich bestimme selbst … Und da haben wir schon eine erste Auslegungsfrage. Die Messlatte für die Datenerhebung und -verarbeitung ist ebenfalls sehr hoch, freiwillige ausdrückliche und schriftliche Einwilligung, Gesetzesvorbehalt (§§ 4 – 4 b BbgDSG). Behörden fällt es oft schwer genau die Norm zu benennen, die die Verarbeitung von Daten erlaubt. Beispiel Abgabenordnung, weil es ein Steuergeheimnis gibt, dürfen Daten erhoben werden … Mittlerweile gibt es dermaßen viele Ausnahmetatbestände und Datenübermittlungen per Gesetz, dass nur noch übrig bleibt, die erhobenen Daten vor unbefugtem Zugriff zu schützen, damit mit deren Kenntnis kein Schaden für den Betroffenen entsteht.

  • Aus der Fragestellung könnte man schließen, eine formaljuristische Betrachtung sei ein Mangel im Sinne eines „Formalismus“. Juristische Formen sind aber u. a. Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie bzw. demokratische Entscheidungen, die bezüglich des stetigen Wandels von Gesellschaft, Rechtsempfinden und Gesetz fortwährend zu fällen sind. Nicht nur die Privatsphäre, sondern grundsätzlich alle Rechte sind auf demokratischem Weg wandelbar. Grundrechte sind deswegen nicht schrankenlos. Zwar hat jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, aber nur soweit er nicht die Rechte anderer verletzt. Auch ist die Freiheit der Person zwar unverletzlich. Es darf aber (nur) auf Grund eines (demokratisch legitimierten) Gesetzes in diese Freiheit eingegriffen werden. Angesichts der Digitalisierungs- bzw. Datenverarbeitungsflut/-wut fragt sich allerdings, brauchen wir noch mehr gesetzliche Regelungen zum Datenschutz oder wäre es nicht ausreichend ein paar bestehende Gesetze einmal etwas konsequenter zu vollziehen?

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