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„Hello Barbie“: Die Spionin im Kinderzimmer

„Hello Barbie“: Die Spionin im Kinderzimmer

Das Kinderzimmer längst kein Hort der Privatsphäre mehr sind, ist bekannt: Computer, Smartphones und Tablets gehören zur Grundausstattung vieler Kinder, die meist arglos das Internet nutzen – mit allen damit verbundenen Datenschutzrisiken. Was der Spielzeuggigant Mattel im Herbst mit „Hello Barbie“ in zunächst amerikanische Kinderzimmer einzuführen plant, sticht allerdings auch vor diesem Hintergrund durch besondere Brisanz hervor.

Die Puppe mit Spracherkennungssoftware

Mattel plant, die Puppe „Hello Barbie“ auf den Markt zu bringen, die mit Kindern richtige Gespräche führen können soll. Dazu speichert die mit einem Mikrofon und einem Lautsprecher ausgestattete Puppe durch Druck auf die Gürtelschnalle Gespräche und Geräusche aus dem Kinderzimmer. Über WLAN überträgt sie die Audio-Daten dann in eine Cloud des Start-Ups ToyTalk, mit dem Mattel das Projekt auf die Beine gestellt hat.

ToyTalk-Server versuchen den Satz und die Sprache des Kindes zu verstehen, so dass mithilfe eines bestimmten Algorithmus eine zum Dialog passende Antwort von der Puppe abgespielt werden kann. Die Sätze, die die Puppe spricht, sind zuvor aufgezeichnet worden. Darunter sind eine Reihe von Fragen, mit denen die Puppe mehr über den Spielpartner erfahren kann, wie z.B. Fragen die die Interessen des Kindes und dessen Familienzusammensetzung betreffen. Die Auskünfte des Kindes werden gespeichert. Über die Speicherung der Gespräche soll die Spracherkennung und das Repertoire an möglichen Antworten weiterentwickelt werden.

Big Brother für Kleinstkinder

Brisant bei Mattels neuem Spielzeug-Coup ist der Umstand, dass es sich bei der Barbie um ein Spielzeug handelt, das von den meisten Kindern im Vor-Teenager-Alter genutzt wird. Betroffen ist damit die Privatsphäre von Personen, die in besonderem Maße schutzbedürftig sind. Noch weniger als Teenager, die sich für die Nutzung sozialer Netzwerke oder für manch datenverschlingende App entscheiden, können sie die Reichweite ihres Tuns abschätzen.

Die Kinder werden auf spielerische Weise veranlasst, ihre Gefühls- und Gedankenwelt preiszugeben. Die (Barbie-) Puppe ist schließlich nicht für wenige Kinder ein Bezugspunkt, zu dem sie enge Zuneigung und Vertrauen aufbauen.

Eltern sollen Datenhoheit erhalten

Die Hoheit über die Daten hat Mattel den Eltern zugedacht. Diese müssen einen passwortgeschützten Account anlegen, wenn sie mit „Hello Barbie“ starten. Sie können die Daten aufrufen und haben die Möglichkeit sie zu löschen. Was auf den ersten Blick wie eine Entschärfung der Problematik anmuten könnte, ist es nicht, wie eine Aussage des Geschäftsführers der für die Sprache von Barbie verantwortlichen Firma ToyTalk, Oren Jacob verdeutlicht. In einem Interview mit der Deutschen Welle sagte er:

„Als Eltern können Sie dann hören, was Ihr Kind in der vergangenen Woche zu Barbie gesagt hat. Die meisten Eltern tun das auch – und haben dabei einen Heidenspaß, weil es sehr lustig ist, was die Kinder so alles von sich geben.“

Im Ergebnis können sich die Eltern alles anhören, was ihr Kind der Puppe anvertraut hat.

Einfallstor für Werbetreibende

„Hello Barbie“ ermöglicht es gerade auch der Werbeindustrie – insbesondere über die Fragen, die die Puppe an den Spielpartner stellt – wertvolle Informationen über ihre potentiellen Kunden zu erfahren. Es ließe sich z.B. erkunden, wie genau Kinder mit den Spielzeugen spielen und wie sie kommunizieren, woraus sich theoretisch auch individuelle Nutzerprofile ableiten ließen.

Chucky die Mörderpuppe als interaktiver Spielkamerad

Es bleibt zu hoffen, dass bei dem Trend zu intelligenten und vernetzten Spielzeugen die Berücksichtigung der besonderen Schutzbedürftigkeit von Kindern und die Notwendigkeit, ihnen Privatsphäre für ihre kindliche Entwicklung zuzubilligen, nicht auf der Strecke bleibt. Das derzeitige Konzept der „Hello Barbie“ mutet jedenfalls so sympathisch an, wie die Vorstellung, sich Chucky die Mörderpuppe als interaktiven Spielkameraden nach Hause zu holen.

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  • Früher hat die Stasi Kinder zu ihren Eltern „freundlich“ ausgefragt.
    Heute erledigt dies eine computerisierte, selbst bezahlte Wanze.

    Kinderschutz und Menschenwürde – alles geopfert zur Befriedigung von Profitgier.

  • Schade, dass die Kleinen Ihr Recht auf Schutz der Privatsphäre und informationellen Selbstbestimmung noch nicht kennen (durchsetzen können).

    Welche potenziellen Gefahren ggf. durch die WLAN-Nutzung damit noch verbunden sein können, will ich mir gar nicht ausmalen. Da machen wir evtl. Werbetreibende die geringsten Sorgen…

    Für mich ein Plastespielfreund als Ersatz für zu stark beschäftigte Eltern! Traurig! Das Zeug wird wahrscheinlich von genau den Intelligenzbestien gekauft, denen wir zu verdanken haben, dass wir in Deutschland nicht auf die nötigen Durchimpfungsraten von 95 % kommen!

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