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Krankenkassen: Unzulässige Einsicht in sensible Krankenunterlagen

Krankenkassen: Unzulässige Einsicht in sensible Krankenunterlagen

Auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hin, hat die Bundesregierung eingeräumt, dass Krankenkassen mit Wissen der Bundesdatenschutzbeauftragten regelmäßig unzulässigerweise Einsicht in sensible Krankenunterlagen nehmen, die Ärzte an den Medizinischen Dienst schicken. Zwar habe man keine genauen Zahlen; Feststellungen bei Vor-Ort-Kontrollen bei Krankenkassen, Eingaben betroffener Versicherter und Informationen von Leistungserbringern legten den Schluss nahe, „dass es sich bei unzulässigen Einsichtnahmen durch die Kassen nicht nur um zu vernachlässigende Ausnahmefälle handelt“.

Hintergrund

Im Rahmen des sogenannten Umschlagverfahrens versenden Vertragsärztinnen und Vertragsärzte Patientenunterlagen nicht direkt an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK), sondern in einem verschlossenen Umschlag an die Krankenkassen zur Weiterleitung an den MDK. Der MDK übernimmt die Begutachtung von Behandlungen. Dazu nutzt der MDK bestimmte Sozialdaten der betroffenen Patienten, die er von den behandelnden Ärzten und anderen Therapeuten anfordert. Diese Daten selbst sollen und dürfen den Krankenkassen nicht zur Kenntnis gelangen.

In der Regel wird der Umschlag mit der Aufschrift „Ärztliche Unterlagen nur vom MDK zu öffnen“ versehen. Dennoch können Patientenunterlagen den Krankenkassen auf diesem Wege in unzulässiger Weise zur Einsicht gelangen, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Krankenkassen die Umschläge öffnen. Doch selbst wenn die sensiblen Patientendaten den MDK im verschlossenen Umschlag erreichen, gibt er diese nicht selten offen an die Krankenkassen zur Ablage zurück, wie Recherchen der TAZ ergeben hatten.

Kritik der Aufsichtsbehörde

Die Bundesdatenschutzbeauftragte (BfDI) hatte bereits am 26.November 2014 die datenschutzwidrige Ausnutzung der durch das Umschlagverfahren eröffneten Möglichkeit der Einsichtnahme kritisiert und den ihrer datenschutzrechtlichen Aufsicht unterstehenden Krankenkassen und dem MDK mitgeteilt, dass sie die Tolerierung des sogenannten Umschlagverfahrens einstellt, und dass Sozialdaten nach § 276 Absatz 2 Satz 1 SGB V unmittelbar an den MDK zu übermitteln sind, soweit dies für die gutachterliche Stellungnahme und Prüfung erforderlich ist. Weiter führte die BfDI aus, dass der MDK sicherstellen muss, dass die Sozialdaten nur Personen zugänglich sind, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen (§ 276 Absatz 2 Satz 6 SGB V).

Konsequenzen?

Wie die Kleine Anfrage zeigt, werden die klaren gesetzlichen und aufsichtsbehördlichen Vorgaben jedoch weiterhin ignoriert – ohne jegliche Konsequenz für die Beteiligten. Sanktionen wurden bisher keine verhängt, obwohl dieses Thema bereits in den Datenschutzbericht 2013 und 2014 angesprochen wurde. Hier hat, laut Antwort der Bundesregierung, die Bundesdatenschutzbeauftragte die Krankenkassen und den MDK lediglich

„gebeten, künftig § 276 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz SGB V einzuhalten“.

Dennoch hat der Gesetzgeber offenbar ein Einsehen und regelt den Komplex gänzlich neu mit dem Krankenhaus-Strukturgesetzes (KHSG). Mit diesem Gesetz soll das Umschlagverfahren komplett abgeschafft werden, so dass – zumindest die Bundesregierung – keine Verstöße mehr erwartet, da die Unterlagen in Zukunft direkt an den MDK verschickt werden müssen und nicht mehr über den Umweg der Krankenkassen.

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  • Was ich noch schlimmer finde: Die Krankenkassen schicken das Gutachten des MDK (nach erfolgter Prüfung) offen an das Krankenhaus zurück. Jeder mit dem Vorgang betraute Verwaltungsmitarbeiter, von Kasse und Krankenhaus, kann die sensiblen Daten einsehen. Das halte ich für skandalös und eine Unterhöhlung der ärztlichen Schweigepflicht.

  • Die PBeaKK öffnet die Unterlagen für den Gutachter und schickt den Reha -Antrag ohne Prüfung zurück an den Patienten leitet diesen auch nicht weiter!

  • Ich musste erleben, dass eine Angestellte der Krankenkasse meine sensible Daten im Ort herumsprach, trotz Beschwerde bei der Krankenkasse ,Datenschutzbeauftragter der Krankenkasse und Landesbeauftragten Datenschutz Bayern, konnten mir nicht helfen, da die Krankenkasse mit Ihren Computerprogrammen nicht auf dem laufenden waren. Man konnte dieser Person nicht nachweisen, da es nicht ersichtlich war, oder angezeigt hat, dass diese Angestellte auf meine Daten zugegriffen hat. Ich bin im ganzen Dorf blamiert! Landesbeauftragter des Datenschutzes hat nun dieser Krankenkasse einen Termin gesetzt, dass dieses Computerprogramm so schnell wie möglich aufgerüstet wird. Nun blieb meine Anzeige auf der Strecke. Diese Angestellte hat mich nun angezeigt wegen Verleumdung, können Sie sich das vorstellen, wie abgebrüht diese Person ist und so etwas arbeitet bei der Krankenkasse. Wurde von den Eltern und Schwiegereltern diesbezüglich was diese Krankheit betrifft, in der Öffentlichkeit beleidigt und dies nicht nur einmal.

  • Wenn Mitarbeiter/innen der Krankenkassen verschlossene Umschläge, die eindeutig an den MDK adressiert sind, unbefugt öffnen oder vorsätzlich nicht sachgerecht bearbeiten, muss meiner Meinung nach das Strafgesetzbuch zur Anwendung kommen. Hier Ärzt/innen und Patient/innen durch Abschaffung des Umschlagsverfahrens zu strafen ist der falsche Weg. Denn durch direkte Adressierung der ärztlichen Gutachten wird der MDK künftig stets eingeschaltet und nicht nur auf Anforderung der Kassen. Es ist absehbar, dass die Gutachten vom MDK nicht mehr zeitgerecht bearbeitet werden können und Anträge der Patienten damit automatisch abgelehnt werden.

  • Leider traue ich meiner Krankenkasse überhauptnicht. WER dort meine Patientendaten an Andere weitergibt ist für mich niemals in Erfahrung zu bringen…..

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