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Organspende: Facebook, ich schenke dir mein Herz!

Organspende: Facebook, ich schenke dir mein Herz!

Über Einstellungen in der Timeline von Facebook ist es nun möglich, sichtbar zu machen, ob sich ein Nutzer für die Organspende entschieden hat. Doch ist Facebook dabei nicht allein. Unterstützt wird es von der Stiftung „Fürs Leben“ und möchte damit das Bewusstsein für die Organspende stärken. Auch Frank Walter Steinmeier (SPD) begrüßt diese Möglichkeiten, wie die Welt berichtet.

Warum?

Hierzu führt Gunnar Bender, Director Public Policy Facebook Deutschland auf Presseportal.de aus:

„Wir freuen uns, diese neue Kommunikationsfunktion jetzt auch den Menschen in Deutschland zu ermöglichen. Durch unsere Reichweite möchten wir unseren Teil dazu beitragen, dieses so wichtige Thema immer wieder in Erinnerung zu bringen und die Menschen auf Facebook davon überzeugen, dass es notwendig ist, sich über Organspende Gedanken zu machen. Diskussionen anzustoßen, den Menschen die Möglichkeit zu geben, Ideen und Gedanken zu teilen, ist Teil des Leitbildes von Facebook.“

Probleme!

Ob die Lösung über die Timeline jedoch die Richtige ist, bleibt fraglich.

Aus Datenschutzgesichtspunkten ist diese Einstellungsmöglichkeit jedoch problematisch. Seit dem 19.10.2012 gilt das überarbeitete Transplantationsgesetz (TPG). Danach gilt in Deutschland die sog. erweiterte Zustimmungslösung. Jeder kann zunächst im Rahmen seines Selbstbestimmungsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG selbst über eine Organspende nach dem Tod entscheiden.

Nach § 4 Abs.1 S.1 TPG gilt folgendes:

Liegt dem Arzt, der die Organ- oder Gewebeentnahme vornehmen oder unter dessen Verantwortung die Gewebeentnahme nach § 3 Abs. 1 Satz 2 vorgenommen werden soll, weder eine schriftliche Einwilligung noch ein schriftlicher Widerspruch des möglichen Organ- oder Gewebespenders vor, ist dessen nächster Angehöriger zu befragen, ob ihm von diesem eine Erklärung zur Organ- oder Gewebespende bekannt ist.

Danach hat also nach dem Tod einer Person, dessen nächster Angehöriger über eine Organspende zu entscheiden, wenn der schriftliche Wille des Verstorbenen nicht bekannt ist, etwa weil ein Organspendeausweis nicht vorhanden ist.

Nun erfüllt natürlich die Angabe auf der Timeline nicht die Vorraussetzungen der Schriftform, zumal es auch an einem Zugang dieser Willenserklärung fehlen dürfte. Damit ist die Angabe auf Facebook auch nicht als Einwilligung in die Organspende zu verstehen. Dennoch birgt die Preisgabe dieser höchstpersönlichen Information Gefahren, wie auch Reinart Dankert, Landesbeauftragter für Datenschutz Mecklenburg-Vorpommern betont:

„Ich warne trotz prominenter Unterstützung eindringlich davor, diese Informationen auf Facebook preiszugeben und öffentlich zu machen. … Der Gesetzgeber habe nicht umsonst die Preisgabe und Verarbeitung medizinischer Daten unter einen besonderen Schutz gestellt.“

Die Warnung hat ihre Gründe

In der Eilbedürftigkeit so mancher Unfallsituationen ist es natürlich einfacher, eben per Smartphone auf Facebook nachzusehen, ob das Unfallopfer organspendebereit ist. Eine Zustimmung der Angehörigen liegt doch dann nahe, oder nicht?

Der Gesetzgeber hat bewusst den nächsten Angehörigen als Entscheidungsträger gewählt. Von ihm darf erwartet werden, dass er die Gewohnheiten, Sorgen, Nöte, Ansichten und höchstpersönliche Informationen des Verstorbenen kennt und richtig bewertet. Erst aus dem Zusammenspiel dieser Informationen kann eine Organspendebereitschaft ruhigen Gewissens unter Waltung über das Selbstbestimmungsrecht des Verstorbenen beurteilt werden. Denkbar wäre auch eine Einflussnahme der „Freunde“ auf die psychisch angeschlagenen Angehörigen, einer Organspende möglicherweise auch zum Eigennutz zuzustimmen.

Eingetragen und dann?

Beachtet man die unklaren Datenschutzbestimmungen von Facebook, ist auch nicht klar, an wen diese medizinisch relevante und damit besonders schutzwürdige Information gelangt. Krankenkassen könnten gezielter Aufforderungen zur Organspende schicken oder Behandlungen verweigern, weil ja ein möglicher Spender bereit stünde. Hacker könnten als Kämpfer für die Gesundheit eine Liste der Facebook-Organspender führen und diese verkaufen. Gefundenes Fressen für Schwarzmaler.

Daten in Facebook sind schnell eingetragen und oft nur aus „Gruppenzwang“ oder um sich zu bestimmten Ansichten zu solidarisieren. Eine Solidarisierung, wie auch die gewünschte Diskussion über dieses Thema kann aber auch über die „Gefällt Mir“ Lösung erfolgen. Hierbei wäre wegen der Ähnlichkeit zu einem Forum noch eher eine Diskussion möglich.

Letztlich darf ein Facebook Status oder ein Timeline Lebensereignis nicht über das Selbstbestimmungsrecht und damit die Organspendebereitschaft des Verstorbenen entscheiden. So sehr die Diskussion über diese Thema zu begrüßen und auch nötig ist, ist dennoch von der Nutzung dieser Funktion abzuraten.

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