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Polizeigesetz von Sachsen-Anhalt zum Teil verfassungswidrig

Polizeigesetz von Sachsen-Anhalt zum Teil verfassungswidrig

Das Polizeigesetz von Sachsen Anhalt ist in Teilen verfassungswidrig. Das Landesverfassungsgericht in Dessau-Roßlau entschied am Dienstag, dass das neue Polizeigesetz nachgebessert werden muss.

Regelung über Staatstrojaner gekippt

In fünf von sechs durch die Opposition beanstandeten Bereichen stufte das Verfassungsgericht Teile des Gesetzes als nichtig ein oder gab dem Gesetzgeber auf, das Regelwerk bis Ende 2015 zu ändern. Die Dessauer Richter haben unter anderem die Erlaubnis für die Polizei verworfen, zur Gefahrenabwehr Staatstrojaner zum Abhören verschlüsselter Telefonate zu nutzen.

Bei der sogenannten Quellen-Telekommunikationsüberwachung werden unter anderem VoIP-Gespräche vor der Verschlüsselung beim Sender beziehungsweise nach der Entschlüsselung beim Empfänger durch einen eingeschleusten Trojaner abgehört. Die Regelung sei, nach Angaben von Gerichtspräsident Winfried Schubert, derzeit unverhältnismäßig, weil eine derartige Software noch gar nicht vorliege und der Gesetzgeber sie daher nicht genau kennen könne.

Daneben verwarfen die Richter eine Regelung, mit der Kommunen den Genuss von Alkohol und das Mitführen von Glasgefäßen verbieten konnten.

Weitere Kritikpunkte

Hinsichtlich der strittigen Themen wie beispielsweise Zwangstests bezüglich ansteckender Krankheiten oder Videoaufzeichnungen bei Polizeikontrollen wurden einzelne Aspekte des Gesetzes kritisiert. Allerdings dürfen Teile der beanstandeten Bestimmungen weiter angewendet werden, wenn die Vorgaben des Gerichts erfüllt werden.

Das Verfassungsgericht bestimmte unter anderem, dass bestimmte Maßnahmen nur von dem Behördenleiter und nicht von jedem Polizisten angeordnet werden dürfen.

Die kontroverse Ermächtigung der Polizei, Handynetze beispielsweise bei drohenden Anschlägen abschalten zu dürfen, wurde allerdings bestätigt.

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    Die Klage vor dem Verfassungsgericht in Sachsen-Anhalt wurde von den Oppositionsparteien initiiert. Gibt es auch für „einfache“ Bürger Möglichkeiten, solche Gesetze verfassungsrechtlich überprüfen zu lassen?

    Wie hoch schätzen Sie den Einfluss von parteipolitisch gefärbten Richtern auf die Rechtsprechung ein? Der BGH erhält beispielsweise einen neuen Richter aus dem bayerischen Justizministerium. Dieser neue BGH-Richter ist für seine polizei- und überwachungsfreundliche Einstellung bekannt. Können die regierenden Parteien genehme Richter ungehindert installieren?

    • Grundsätzlich kann der Bürger selbst nicht die Rechtmäßigkeit von Normen überprüfen lassen. Ausnahmen können sich aus den jeweiligen Landesgesetzgebungen ergeben.

      Die Richterinnen und Richter des Bundesgerichtshofs werden in der Regel vom Richterwahlausschuss gewählt und vom Bundespräsidenten ernannt. In den Ländern ist dies unterschiedlich geregelt.
      Die Auswahl der Richter stößt wegen der Intransparenz des Verfahrens immer wieder auf Kritik, u. a. auch aufgrund der von Ihnen genannten Gründe.

  • Die Abschaltung der Handynetze halte ich nach wie vor in der jetzigen Form für verfassungswidrig. Ähnlich wie bei dem Abschuss von Flugzeugen im Terrorfall wird hier Leben gegen Leben abgewogen und da kann weder ein Polizist noch der Innenminister eine Abschaltung verfügen. Dies muss schon die Regierung tun. So jedenfalls urteilte das Bundesverfassungsgericht in dem gleichgelagerten Problem.
    Ein besonderer Kritikpunkt besteht darin, dass im Gesetz nicht die Haftung des Staates für Personen- und Vermögensschäden geregelt ist und es für Opfer einen unnötigen langwierigen Kampf durch die Instanzen bedeutet. Angesichts der deutlichen Kritik des Landesverfassungsgerichts erwarte ich nun dienstrechtliche Schritte gegen die Verfasser des Gesetzes. Hier ist zu prüfen ob diesen Beamten nicht klar war gegen die Grundrechte der Bürger zu verstoßen oder ob dies in purer Absicht geschah. Dies muss aufgeklärt werden und ggf. Dienstrechtliche Konsequenzen haben. Was für den Bürger gilt: „Unwissenheit schützt nicht vor Strafe!“ Muss erst recht für Beamte in den Ministerien gelten.

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