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Sind Antworten in Prüfungsarbeiten personenbezogene Daten?

Sind Antworten in Prüfungsarbeiten personenbezogene Daten?

Sobald über eine natürliche Person personenbezogene Daten erhoben, gespeichert und verarbeitet werden, stehen dieser verschiedene Rechte zu. Unter anderem ein Auskunftsrecht und ein Berichtigungsanspruch. Gilt dies auch für Prüfungsarbeiten?

Der Begriff der personenbezogenen Daten ist weit auszulegen

In Art. 4 Nr. 1 DSGVO sind die personenbezogenen Daten definiert. Die Definition ist weit gefasst und lässt sich auf weitere Bereiche ausdehnen. Der EuGH entschied im Oktober 2016, dass auch IP-Adressen personenbezogene Daten sind (wobei er sich dabei auf das BDSG bezog). Die Richtung die der EuGH damals vorgab, unterstrich er mit seiner Entscheidung im Dezember 2017. Demnach sind Antworten in Prüfungsarbeiten unter Art. 4 DSGVO zu fassen. Die Richter stellten fest, dass nicht nur offensichtliche Daten wie Name oder Prüfungsnummer im datenrechtlichen Schutzbereich liegen, sondern auch die Antworten selbst. Sie begründeten dies u.a. damit, dass…

„…der Inhalt dieser Antworten nämlich den Kenntnisstand und das Kompetenzniveau des Prüflings in einem bestimmten Bereich sowie gegebenenfalls seine Gedankengänge, sein Urteilsvermögen und sein kritisches Denken wider[spiegelt]. Im Fall einer handschriftlich verfassten Prüfung enthalten die Antworten zudem Informationen über seine Handschrift.“

Zudem ziele…

„…jede Prüfung darauf ab, die individuelle Leistung einer konkreten Person, des Prüflings, festzustellen und zu dokumentieren, und […] nicht darauf, Informationen zu erlangen, die von dieser Person unabhängig sind.“

Bemerkenswert ist, dass auch die Anmerkungen des Prüfers personenbezogene Daten des Prüflings seien und nicht nur des Prüfers selbst. Angesichts der oben aufgeführten Begründung ist das konsequent, stellen doch die Anmerkungen eine Beurteilung der Leistung des Geprüften dar. In der Folge ist der datenrechtliche Schutzbereich eröffnet.

Wie weit gehen Berichtigungs- und Auskunftsanspruch?

Nun stellt sich natürlich die Frage, welche Rechte den Prüflingen zustehen. Das Urteil bezieht sich formell zwar noch auf die EU-Datenschutzrichtlinie, lässt sich aber ohne weiteres auf die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) übertragen.

Die Art. 12 – 23 DSGVO normieren u.a. Auskunfts- und Berichtigungsrechte. Diese sind auch grundsätzlich anwendbar. Allerdings sollte man hier der Begriff der „Berichtigung“ nicht falsch interpretieren. Falsche Antworten können nachträglich natürlich nicht korrigiert werden, nur „unrichtige Daten“. Falsche Antworten zeigten ja zutreffend den Kenntnisstand des Prüflings auf und seien somit keine „unrichtigen Daten“, so der EuGH. Letztere seien z.B. eine unrichtige Dokumentation, verlorengegangene oder vertauschte Unterlagen. Nur auf diese und ähnliche Fälle könne sich daher ein Berichtigungsanspruch beziehen.

Auch der Auskunftsanspruch gem. Art. 15 besteht grundsätzlich. Dieser umfasst gem. Abs. 3 auch die Möglichkeit, sich eine kostenlose Kopie der schriftlichen Prüfung aushändigen zu lassen.

Prüfungsstellen aufgepasst

Das Urteil hat daher für prüfende Stellen wie z.B. Universitäten und ihre Prüflinge praktische Bedeutung. In aller Regel werden die Rechte der Prüflinge bisher in den Prüfungsordnungen festgeschrieben sein. Wenn diese die Rechte der DSGVO bereits beinhalten, besteht kein Handlungsbedarf. Sollte dies aber nicht der Fall sein, sei angeraten, sich mit dem besprochenen Urteil weiter auseinanderzusetzen. Einschränkend sollte noch darauf hingewiesen werden, dass die einzelnen Datenschutzgesetzte der (Bundes)Länder in einem gewissen Rahmen von den Vorgaben der DSGVO abweichen dürfen, solange sie die Mindeststandards des Art. 23 Abs. 2 DSGVO einhalten.

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  • Hallo,
    ich habe mal eine Frage bezüglich der Prüfung. Von uns wurde verlangt in der Prüfung der Name statt einer Prüflingsnummer einzutragen. Ist das überhaupt rechtens? Kann mir das nicht vorstellen.
    MfG

    • Eine Kennziffer ist zunächst nur eine Pseudonymisierung. Es stellt sich in Prüfungssituationen die Frage, ob diese erforderlich ist. Ein wesentlicher Grundgedanke ist, dass die Chancengleichheit gewahrt bleiben soll, da Kennziffern zunächst keine direkten Rückschlüsse auf die dahinter stehenden Personen zulassen. Einem Prüfer soll es somit nicht möglich sein, „Lieblinge“ den weniger geschätzten Mitprüflingen vorzuziehen. Das gilt aber nicht immer. Bspw. in der Grundschule ist es wichtig, dass der Lehrer ein genaues Auge auf die Leistung der einzelnen Schüler hat, um Fehlentwicklungen besser zu erkennen. Er kann dann korrigierend eingreifen, zum Wohle des Kindes. Dieses Argument zieht aber in Universitäten nicht mehr. Da dort erwachsene Studenten sitzen, ist ein pädagogischer Auftrag nicht mehr gegeben. Die Chancengleichheit überwiegt daher in aller Regel und eine Pseudonymisierung wäre angebracht.
      Das sind zwei extreme Beispiele. In Ihrem Fall hängt es nun sehr davon ab, wo er sich einordnen lässt. Schließlich gibt es auch Grenzfälle (z.B. Oberstufe), bei denen sich situativ unterschiedliche Ergebnisse begründen lassen.

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