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Smart Borders – unverhältnismäßig, teuer und unnötig

Smart Borders – unverhältnismäßig, teuer und unnötig

EU-Innen-Kommissarin Cecilia Malmström hat am Donnerstag einen Verordnungsentwurf für ein neues Grenzkontrollverfahren namens „Smart Borders“ vorgelegt. Würde der Entwurf von den 27 EU-Regierungen angenommen werden, könnte das System bereits 2018 starten.

Wir erklären auf, wieso der Entwurf, alles andere als smart ist.

Was ist Smart Borders und wie funktioniert es?

Smart Borders, zu deutsch „intelligente Grenzen“ ist eine automatisiertes Grenzkontrollverfahren und besteht im wesentlichen aus zwei Systemen:

  • Kontrollsystem für Ein- und Ausreise (EES)
  • Registrierungsprogramm (RTP) für Vielreisende

Das EES soll den Zeitpunkt und Ort der Ein- und Ausreise von Nicht-EU-Bürgern erfassen, die zulässige Aufenthaltsdauer berechnen und Behörden automatisiert über Verstöße gegen die Überschreitung der zulässigen Aufenthaltsdauer hinweisen. Nach Schätzungen des EU-Innenministeriums soll es sich jährlich zwischen 1,9 – 3,8 Millionen Verstöße geben.

Das RTP soll Vielreisenden wie Geschäftsleuten, Studenten oder Familienangehörigen eine deutlich schnellere Einreise ermöglichen. Nicht-EU-Bürger können sich vor ihrer Einreise für das Programm registrieren und die zur Einreise erforderlichen Fingerabdrücke abgeben. Bei der konkreten Einreise, können die Teilnehmer des Programms über automatische, biometriegestützte Kontrollschleusen den Flughafen bevorzugt verlassen können. Diese Effizienzsteigerung sei dringend notwendig, da nach Schätzungen des EU-Innenministeriums der Einreiseverkehr bis 2030 um 80 % auf 720 Millionen Menschen pro Jahr ansteigen soll.

Was für Daten werden erfasst?

Die von Smart Borders erhobenen Daten werden automatisch in einer Datenbank gespeichert und sollen nach einer Dauer von sechs Monaten wieder gelöscht werden.  Sollte kein Visum vorliegen, welches dessen über die übliche 90 Tage Regelung hinaus legitimiert, so können die Daten auch bis zu fünf Jahren gespeichert werden.

Klingt doch toll, oder? Nein, denn jetzt kommt’s dick:

Neben der Erfassung von Ort- und Zeitangabe der Ein- und Ausreise, sowie der üblichen Personalien aus dem Reisepass, sollen zudem alle zehn Fingerabdrücke abgegeben werden.

Was soll das Projekt kosten?

Das Big Brother-Mammutprojekt ist in seiner Einführung alles andere als billig. Die EU-Haushaltskommision hat die Kosten auf 1,1 Milliarden Euro geschätzt. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass eine komplette IT-Infrastruktur für die Verarbeitung der Daten geschaffen, sowie alle Flughäfen mit der entsprechenden Technik ausgestattet werden müssen. Es ist die blanke Ironie, dass das EU-Innenresort ein so kostspieliges und dabei völlig überflüssiges Projekt forciert, wo doch seit Jahren über die EU-Finanzkrise gestritten wird.

Laut EU-Innenresort soll durch das automatisierte Grenzkontrollverfahren auch Personalkosten hinsichtlich der Grenzbeamten gespart werden können. Ich frage mich, ob das Ministerium den Gedanken zu Ende gedacht hat, denn wer wird denn letztlich kontrollieren, dass die Einreisenden die Fingerabdrücke alle korrekt abgeben?

Ist das neue Verfahren wirklich besser?

Es erscheint zwar komfortabel, dass die Behörden automatisch auf Überschreitungen der zulässigen Aufenthaltsdauer hingewiesen werden, jedoch hilft diese Information nicht dabei den Betroffenen letztlich zu lokalisieren. Der investigative Aufwand für die entsprechende Behörde bleibt derselbe.

Auch ist es fraglich, ob das neue Verfahren wirklich so viel schneller sein kann. Momentan werden die Reisepässe von den Grenzbeamten kontrolliert und abgestempelt. Mit dem neuen Verfahren muss nicht nur der Reisepass weiterhin geprüft werden, sondern zudem müssen noch zehn Finger eingescannt werden, was mindestens gleich viel Zeit in Anspruch nehmen sollte.

Risiken

Eine Zweckentfremdung der Daten erscheint möglich. So könnte die Polizei theoretisch auf die Daten zugreifen und zur Abgleichung mit Strafregistern oder zu Ermittlungszwecken verwenden. Durch die Abgabe der Fingerabdrücke werden die Betroffenen vollkommen verdachtsunabhängig auf eine Ebene mit Straftätern gestellt.

Zu guter Letzt muss auch festgestellt werden, dass sich kein vernünftiger Grund finden lässt, wozu es erforderlich sein soll, die biometrischen Daten aller zehn Finger zu erheben und zu speichern.

Unverhältnismäßig und diskriminierend

Es erscheint nur richtig, bei steigenden Einreisezahlen das Verfahren effizienter machen zu wollen. Aber so wie ich es sehe, besteht der einzige Vorteil von Smart Borders darin, die genaue Zahl der Aufenthaltsverstöße bestimmen zu können.

Ich persönlich würde nicht wollen, dass die EU meine Fingerabdrücke speichert, da für Smart Borders offensichtlich keine Notwendigkeit besteht und keinen im Verhältnis stehenden Nutzen bietet. Ein derartiger Eingriff in die Grundrechte ist nach Ansicht der EU-Datenschützer unverhältnismäßig und diskriminierend.

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