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Stille SMS: Niedersachen privatisiert digitale Verbrecherjagd

Stille SMS: Niedersachen privatisiert digitale Verbrecherjagd

Die Polizei in Niedersachsen versendet stille SMS zur Verbrecherjagd über private Dienstleister. Dies ergab eine Anfrage der Fraktion der Linkspartei im niedersächsischen Landtag. Zu den genauen Hintergründen wollte das Innenministerium allerdings keine Aussagen machen.

Stille SMS

Polizei, Zoll und Verfassungsschutz nutzen zur Ortung von Zielpersonen und zur Erstellung von Bewegungsprofilen sogenannte Stille SMS. Allein im Zeitraum von 2007 – 2011 haben Verfassungsschutz, Zoll und BKA dieses Mittel 1.7 Mio. Mal eingesetzt.

Die stille SMS erscheint zwar nicht auf dem Display des Empfängers. Trotzdem fallen Verbindungsdaten an, wie etwa Daten zur internen Teilnehmerkennung. Auf diesem Wege können Standort des Betroffene ermittelt werden und ggf. eine Bewegungsprofil (etwa zu Beweiszwecken) erstellt werden. Ein Handy zum Tatort oder im Fluchtfahrzeug mitzunehmen ist daher in etwa so clever wie den Personalausweis am Tatort zu verlieren.

Einsatz privater Firmen

Neu ist, dass zur Erfüllung dieser rein hoheitlichen Tätigkeit auch externe Dienstleister eingesetzt werden. Sämtliche stillen SMS werden über einen Server eines privaten Dienstleisters gesendet. Dies ergab eine aktuelle Anfrage der Fraktion der Linkspartei im niedersächsischen Landtag.

In bekannt niedersächsischer Transparenz wollte das zuständige Innenministerium aber keine weiteren Angaben, etwa zu Identität des Anbieters. Denn offensichtlich gilt, dass wer nichts zu verbergen hat auch alles offenlegen kann, nur für den Bürger, nicht für den überwachenden Staat.

„Die Polizei in Niedersachsen nutzt zum Versenden von ’stillen SMS‘ den Server eines privaten Anbieters von Telekommunikationsdienstleistungen. Der Anbieter, der um Vertraulichkeit gebeten hat, muss mit erheblichen Nachteilen für seine Geschäftstätigkeit und gegebenenfalls auch mit Angriffen auf seine Systeme rechnen, wenn bekannt wird, dass er auch im Bereich der verdeckten polizeilichen Maßnahmen Dienstleistungen erbringt.“

Auch schwieg das Innenministeriums zur Zahl der versendete SMS machen.

„Danach kann durch die zurzeit zum Versand von Ortungsimpulsen genutzte Software die Anzahl von versandten ’stillen SMS‘ nicht generiert werden. Hierzu wäre eine Veränderung und neue Programmierung der bisher genutzten Software des Leistungsanbieters erforderlich. Nach vorsichtigen Schätzungen würde eine neue Programmierung der Software Kosten in Höhe von etwa 80.000 Euro verursachen.“

Rechtlicher Hintergrund

Bei Ortung und Erstellung von Bewegungsprofilen handelt es sich um einen Eingriff in das durch Art.10 Grundgesetz garantierte Fernmeldegeheimnis. Die Rechtsgrundlage dieser Praxis ist allerdings unklar. Während die Ermittlungsbehörden sich pauschal auf die §§100a ff StPO als Eingriffsnorm berufen, halten Datenschützer eine ausdrückliche gesetzliche (Neu-)Regelung erforderlich, so etwa Peter Schaar. Wie bei der Funkzellenabfrage muss hier dringend eine klare gesetzliche Regelung her, die das Verfahren und Rechtsschutzmöglichkeiten für die Betroffenen detailliert regelt.

Dass die Polizei – wie etwa bei der Programmierung des Bundestrojaners – externe Dienstleister einsetzt, kann angesichts der fehlenden fachlichen Ressourcen beim den Landeskriminalämtern nicht überraschen. Das räumt das Innenminisiterium auch freimütig ein:

„Gerade wenn es um Software und Telekommunikationsdienste geht, kann eine Behörde das alleine doch gar nicht leisten.“

Die weiteren Hintergründe werden nun in einem vertraulichen Ausschuss mitgeteilt. Wir werden weiter berichten.

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