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Videoüberwachung in Umkleiden und Toiletten sind unzulässig

Videoüberwachung in Umkleiden und Toiletten sind unzulässig

Videoüberwachung dient der Sicherheit. Diese pauschale Aussage führt zu einem immer dichter maschigen Netz aus Videoüberwachungsanlagen, denen sich der Bürger bald nicht mehr entziehen kann. Zu der Videoüberwachung und deren Voraussetzungen haben wir in diesem Blog bereits mehrfach berichtet (z.B. hier). Vor dem Hintergrund eines aktuellen Urteils des Landgericht Koblenz (LG Koblenz, Urt. v. 19.12.2013 – Az.: 3 O 25/13) zur Unwirksamkeit einer pauschalen Einwilligung in eine Videoüberwachung unbestimmten Ausmaßes, soll dieser Artikel auch den strafrechtlichen Aspekt einer Videoüberwachung bspw. in Umkleide- und Sanitärbereichen darstellen.

Unwirksamkeit einer pauschalen Einwilligung

Ein Fitnessstudio wurde von der Verbraucherzentrale abgemahnt, u.a. wegen der Verwendung einer pauschalen Einwilligungsklausel in den AGB für eben eine Videoüberwachung. Die streitgegenständliche Klausel lautete:

Das Mitglied stimmt einer dauerhaften Kameraüberwachung durch … zur Sicherheitserhöhung zu.

Das Gericht sieht darin eine Benachteiligung der Mitglieder nach §307 Abs. 1 S. 2 BGB. Des Weiteren hält das Landgericht auch einen ungerechtfertigten Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Mitglieder für gegeben. Zweck und Umfang der Datenspeicherung seien nicht konkret benannt worden, so dass ein erforderliches Maß nicht bestimmt werden könne. Zudem werden die erfassten Bereiche nicht konkretisiert.

Ein klarer Punktsieg für das Mitglied, welches nämlich durch derart pauschale Einwilligungen unter einen Generalverdacht gestellt wird und dabei überhaupt nicht über die tatsächlichen Gegebenheiten aufgeklärt wird.

Videoüberwachung im höchstpersönlichen Lebensbereich

Jegliche Videoüberwachung in höchstpersönlichen Lebensbereichen ist grundsätzlich nicht zulässig. Vielmehr ist eine solche Handlung und Videoüberwachung strafbewehrt nach §201a StGB.

§201a StGB:

…Wer von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, unbefugt Bildaufnahmen herstellt oder überträgt und dadurch deren höchstpersönlichen Lebensbereich verletzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft…“

Dabei muss es sich um einen „gegen Einblick besonders geschützten Raum“ handeln. Erfasst sind auch solche gegen Einblick besonders geschützte Räume wie etwa Toiletten, Umkleidekabinen und ärztliche Behandlungszimmer. Als tatbestandsmäßiger Erfolg muss eine „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs“ eingetreten sein.

Eine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs liegt vor, wenn der Täter durch eine der im Tatbestand beschriebenen Begehungsweisen in die Intimsphäre eines anderen eindringt. Eine Videoüberwachung in Umkleideräumen oder Toiletten ist damit regelmäßig erfasst und unzulässig.

Was lernen wir daraus?

Eine Videoüberwachung in Umkleiden und ähnlichen Räumlichkeiten kann nur in eng begrenzten, absoluten Ausnahmefällen stattfinden. Zudem sollten die jeweils Betroffenen umfassend und vor dem Start der Videoüberwachung informiert und aufgeklärt werden. Des Weiteren muss es stets Rückzugsmöglichkeiten und nicht überwachte Bereiche geben.

Zumeist werden von Videoüberwachungen die eigenen Mitarbeiter am meisten betroffen sein und eben diese sollten sich im Zweifel an den betrieblichen Datenschutzbeauftragten wenden. Kunden, bzw. Mitglieder von Fitnessstudios oder auch Schwimmbädern sollten im Zweifel den jeweiligen Datenschutzbeauftragten oder auch die zuständige Aufsichtsbehörde kontaktieren, damit eben die Videoüberwachung nicht immer größere Ausmaße annimmt.

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  • Sind in MC Donalds Toiletten Überwachungskameras…? Bzw ist da was bekannt bzw was steht dort im klein gedruckten…

  • Guten Tag,
    ich würde sehr gerne Ihre Meinung zu diesem Freibad hören, in dem seit Neuestem genau oberhalb der Umkleidekabinen rundum-Sicht-Kameras angebracht wurden. Zwar wird behauptet, der intime Bereich der Umkleidekabinen würde in den Aufnahmen jeweils mit einem „schwarzen Balken“ überlegt werden, aber diese Methode erscheint doch sehr zweifelhaft. Es gibt überhaupt keinen plausiblen Grund, genau oberhalb der Umkleidekabinen Kameras anzubringen, da die Spinde auch von der anderen Seite her flächendeckend überwacht werden könnten. Der Besucher wird zudem nicht auf die Kameraüberwachung aufmerksam gemacht und im inneren Umkleide-Bereich sind von 6 Kabinen lediglich eine nicht im Fokus der Kamera.

    http://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg-land/Kameras-in-der-Gerfriedswelle-Was-zeigen-die-Bilder-und-was-nicht-id37837197.html

    http://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg-land/Kameras-in-Gerfriedswelle-verursachen-unangenehmes-Gefuehl-id37862957.html

    Danke für Ihre Einschätzung und viele Grüße

    • Einfache Antwort:

      Beschweren Sie sich bei der zuständigen Datenschutz-Aufsichtsbehörde. Das ist kostenlos für Sie. Kameras, die IN die Umkleide (also beim Nackigmachen) filmen, sind eine krasse Verletzung der Intimsphäre (das ist noch schlimmer als „nur“ die Privatsphäre zu verletzen).

    • Das klingt in der Tat unzulässig. Wie John schon schreibt, kann in diesem Fall eine Rückfrage bei der zuständigen Aufsichtsbehörde helfen.

  • Mein Arbeitgeber hat im Umkleideraum eine Videoüberwachung instaliert. Es ist der Raum in dem sich sowohl Damen als auch Herren umziehen.
    Ist das von der Gezetzgebung her so erlaubt?
    M.f.G.
    Danijel Bulat

    • Hallo Danijel,

      die Antwort findest du oben im Beitrag: „Eine Videoüberwachung in Umkleiden und ähnlichen Räumlichkeiten kann nur in eng begrenzten, absoluten Ausnahmefällen stattfinden. Zudem sollten die jeweils Betroffenen umfassend und vor dem Start der Videoüberwachung informiert und aufgeklärt werden. Des Weiteren muss es stets Rückzugsmöglichkeiten und nicht überwachte Bereiche geben.“

  • Dürfen Kundentoiletten videoüberwacht werden?

    • Nein, in gar keinem Fall. Das wäre ein unzulässiger Eingriff in die Intimsphäre der Kunden.

      • die Antwort findest du oben im Beitrag: „Eine Videoüberwachung in Umkleiden und ähnlichen Räumlichkeiten kann nur in eng begrenzten, absoluten Ausnahmefällen stattfinden. Zudem sollten die jeweils Betroffenen umfassend und vor dem Start der Videoüberwachung informiert und aufgeklärt werden. Des Weiteren muss es stets Rückzugsmöglichkeiten und nicht überwachte Bereiche geben.“ solange der intimbereich nicht sichtbar ist schon! Und wenn dort Vandalismus an der Tagesordnung steht!

  • Schönen guten Tag, unser Campingplatz Betreiber hat seinen Campern ein neues Wasch- und Toilettenhaus gebaut. Soweit so gut,nun habe ich bemerkt das die Herren- bzw. auch die Damentoilette mit einer Kamera überwacht wird, sowie auch der Aussenbereich. In den Duschräumen sollten auch noch welche installiert werden. Ist so etwas zulässig zumal es kein Hinweisschild oder ähnliches gibt was auf eine Videoüberwachung hinweisst. In diesem Gebäude befinden sich auch öffentlich zugängliche Toiletten auf öffendlichen Grund. Man hat den Platzwart bzw. Pächter auch schon darauf angesprochen, dieser jedoch behauptet es sei alles rechtens.
    Wenn man sich dann noch weiter auf eine Diskusion einläßt bekommt man keinen neuen Pachtvertrag für die neue Saison.
    Danke im voraus und einen schönen Gruß

    • Wie im Artikel bereits erwähnt, ist die Videoüberwachung im höchstpersönlichen Bereich grundsätzlich unzulässig, wobei es stets auch auf den konkreten Einzelfall ankommt. Jedoch muss ein derart intensiver Eingriff gerechtfertigt sein, was anhand Ihrer Schilderungen als sehr zweifelhaft angesehen werden kann. Zumal es weder Hinweisschilder noch ausreichende Informationspflichten zu geben scheint. Ob die Videoüberwachung vorliegend mit dem Datenschutz vereinbar ist, kann im Rahmen des Blogs nicht abschließend geklärt werden. Allerdings können sich Privatpersonen, die eine Frage zum Datenschutzrecht haben, bei dem/r für Sie zuständigen Landesdatenschutzbeauftragten / Aufsichtsbehörde kostenlos beraten lassen. Insofern haben Sie die Möglichkeit, hier die Ansicht der Datenschutzbehörde einzuholen. Diese wird anschließend ggf. sogar selbst tätig.

  • Zählt der Raum in dem Toilettenkabinen stehen auch zum höchstpersönlich Lebensbereich?

    • Wenn Sie mit Raum in dem Toilettenkabinen stehen eine Art Vorraum meinen, in welchem sich bspw. die Waschbecken etc. befinden, dann zählt dies nach meinem Dafürhalten ebenfalls zum höchstpersönlichen Lebensbereich. So kann es grds. keinen Unterschied machen, ob die Toilette eine zusätzliche Kabine hat oder nicht. Auch der sonstige Bereich, welcher der Hygiene und dem täglichen Bedürfnis der Mitarbeiter, Besucher oder sonstiger Personen dient, ist regelmäßig geschützt. Es mag gegebenenfalls Ausnahmen in besonderen Sonderkonstellationen geben, dies ist aber sehr restriktiv zu handhaben und keinesfalls der Normalfall.

  • Okay, hab jetzt mal ne komplizierte Frage. Ich arbeite in einem Fahrradladen. Im selben Gebäude hat vor ein paar Monaten ein Bundespolizeibüro aufgemacht. Die Räumlichkeiten sind getrennt in Ladenbereich, Toiletten, Polizeibüro. Seitdem das Polizeibüro existiert ist vor dem Toilettenbereich eine Kamera. Keiner wurde informiert, oder sonst was. Lediglich ein Aufkleber informierte die Mitarbeiter das Überwachung stattfindet. Legal? Vielen Dank

    • Auch ein Vorraum, d.h. der Bereich vor den Toiletten gehört zum höchstpersönlichen Bereich der Intimsphäre. Die Videoüberwachung in einem solchen Tabubereich ist regelmäßig unzulässig. Hierzu auch die Orientierungshilfe des LfDI. Nur in konkreten Einzelfällen können derartige Eingriffe gerechtfertigt sein. Insbesondere müssen die nach der DSGVO erforderlichen Informationspflichten umgesetzt werden. Welche Anforderungen an ein Hinweisschild zur Videoüberwachung gestellt werden, können Sie in unserem Blogartikel nachlesen, sowie im Kurzpapier zur Videoüberwachung. Vorliegend ist eine umfangreiche Prüfung des Einzelfalls erforderlich. Leider dürfen wir im Rahmen des Blogs keine Rechtsberatung im Einzelfall durchführen. Sie können sich dazu an Ihren Datenschutzbeauftragten/Rechtsanwalt wenden.

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