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Die verdeckte Videoüberwachung von Mitarbeitern –  Fluch oder Segen?

Die verdeckte Videoüberwachung von Mitarbeitern – Fluch oder Segen?

Diese Frage lässt sich nur aus der jeweiligen Perspektive der Betroffenen beantworten. Fakt ist, dass in dem derzeitigen Entwurf zum Beschäftigten- bzw. Arbeitnehmerdatenschutz die Möglichkeit der Durchführung einer verdeckten Videoüberwachung im Rahmen des Arbeitsverhältnisses abgeschafft werden soll. Schauen wir uns die Sache aber einmal genauer an.

Videoüberwachung aus Sicht des Arbeitnehmers

Im Rahmen der offenen Videoüberwachung (§ 6b BDSG) können grundsätzlich öffentlich zugängliche Räume beobachtet werden, auch wenn sich dort Mitarbeiter aufhalten. Dies gilt wiederum nicht für Dauerarbeitsplätze, wie z.B. Kasse oder Lager. Diese sind jedoch – aus der Perspektive eines potentiellen Straftäters – die interessanten Arbeitsplätze, von denen aus ein Zugriff auf Geld oder attraktive Hehlerwaren wie Zigaretten und Alkohol möglich ist.

Natürlich gibt es schönere Vorstellungen für den Mitarbeiter, als heimlich überwacht zu werden. So wird jede Bewegung, sei es dass sich der Mitarbeiter die Nase putzt oder die Verkäuferin ihren Lippenstift nachzieht, auf Video eingefangen. Und überhaupt sind die neusten Kameramodelle standardmäßig mit Zoom- und Audiounktion ausgestattet. Da kann man nur hoffen, dass der Beobachter nicht aus Langeweile das Dekolletee der Verkäuferin näher zoomt.

Videoüberwachung aus Sicht des Arbeitgebers

Auf der anderen Seite wissen sich viele Unternehmen bei der Feststellung von enormen Inventurdifferenzen nicht anders zu helfen, als auf die verdeckte Videoüberwachung zurückzugreifen. Die Einschaltung von Detektiven ist seit dem Lidl-Skandal verpöhnt und auch die Auswertung von Kassen- und Warenwirtschaftssystemen findet der Betriebsrat aufgrund der damit verbundenen Leistungs- uns Verhaltenskontrolle alles andere als gut.

So hat das Bundesarbeitsgericht schon vor dem durch die Datenschutzskandale der letzten Jahre ausgelösten Datenschutzhype entschieden, dass die verdeckte Videoüberwachung unter anderem zulässig ist, wenn konkrete Anhaltspunkte für die Begehung einer Straftat vorliegen.

Sicherlich hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg nicht die zuletzt bekannt gewordenen Bagatellfälle, wie z.B. die Entwendung von einzelnen Leergutbons oder den „Mundraub“ von Frikadellen gemeint. Die Realität ist, dass gerade im Einzelhandel Lagerbestände im großen Stil verschwinden oder oft in die Kasse gegriffen wird. Doch dabei stellen sich vor allem die Fragen:

  • Wie entlarvt ein Arbeitgeber den Mitarbeiter, der in der Betriebsküche den Kaffee mit Spülmittel kontaminiert?
  • Und was ist die Alternative zur Videoüberwachung, um seiner Fürsorgepflicht gegenüber seinen Mitarbeitern nachzukommen oder diese von einem Generalverdacht auszuschließen?

In einem Dilemma steckt der Arbeitgeber, wenn gar ein Mitglied des Betriebsrates oder ein mit ihm befreundeter Arbeitskollege verdächtigt wird? Die Maßnahme der Videoüberwachung ist immerhin nach § 87 Abs. 1 Nr. 6. BetrVG mitbestimmungspflichtig. Kann man wirklich darauf Vertrauen, dass der Betriebsrat seiner Verschwiegenheitspflicht nachkommt?

Problematisch wird es vor allem in den Fällen, in denen der Arbeitgeber den Betriebsrat umgeht und sich der Verdacht der Begehung einer Straftat durch die Videoüberwachung dann auch noch bestätigt. Kann der so überführte Dieb möglicherweise deshalb nicht verurteilt werden, weil der Betriebsrat vorher nicht zugestimmt hat und das Videomaterial daher einem Beweisvertwertungsverbot unterliegt?

Fazit

Die verdeckte Videoüberwachung bleibt teilweise das letzte Mittel, um Straftaten aufklärenzu können und das ist auch gut so. Ein Verbot würde den Interessen und Anforderungen der Praxis nicht gerecht werden und würde eher die betroffen Unternehmen dazu animieren, die persönlichen Freiheiten der Mitarbeiter am Arbeitsplatz einzuschränken.

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