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ACD Anlagen in Call Center – Was ist zu beachten?

ACD Anlagen in Call Center – Was ist zu beachten?

Call Center sind für viele Unternehmen trotz zunehmender Verlagerung auf andere Kommunikationswege das Rückgrat in der Kundenkommunikation. Dabei kommt es hier regelmäßig zur Kollision von Arbeitgeberinteressen und dem Arbeitnehmerdatenschutz. Dieser Beitrag soll mögliche Probleme aufweisen.

Was sind ACD Anlagen?

Viele Anliegen lassen sich noch immer am Besten telefonisch klären. Auch verfügt aus verschiedenen Gründen nicht jeder Kunde über ein Facebook- oder Twitteraccount, um darüber mit dem Unternehmen zu kommunizieren. Damit der Anruf im Call Center den richtigen Mitarbeiter erreicht, werden hierzu ACD Anlagen (Automatic Call Distribution = automatisierte Anruferverteilung) eingesetzt. Ziel ist die optimale Verteilung von Anrufen auf die (verfügbaren) Mitarbeiter im Call Center unter Berücksichtigung von Kundenanliegen und besonderen Kenntnissen und Fähigkeiten der Mitarbeiter. Daneben ist ein weiterer Anwendungsbereich das Outbound-Marketing.

Leistungsmerkmale der Anlagen

Moderne ACD Anlagen können eine Vielzahl von Informationen erfassen und auswerten, insbesondere auch personenbezogene Daten. Davon sind neben den Anrufern vor allem die Mitarbeiter betroffen. Zu diesen Leistungsmerkmalen können beispielsweise gehören:

Wartezeit vor Annahme des Anrufs / Nachbearbeitungszeit/ Ursprung der Anrufer/ Gesprächsdauer/ Läuten/ Weiterverbindungsdauer/ Erfolgsquote/ Pausenzeit/ Verfügbarkeit des Mitarbeiters (bspw. Bereit/ Nicht bereit/ Abgemeldet etc.); berücksichtigt werden oftmals zudem Mitarbeiter-Skills. Inzwischen beherrscht die Technik auch Stimmungsanalyse, auch als „Keyword Spotting“ bezeichnet. Gerne erfolgt auch eine Kundenbefragung nach Beendigung des Telefongesprächs (allgemeiner Natur oder auch bezogen auf das unmittelbar zuvor erfolgte Gespräch und den entsprechenden Mitarbeiter).

Ist denn das zulässig?

Die datenschutzrechtliche Zulässigkeit richtet sich grundsätzlich nach § 32 Abs. 1 BDSG. Danach dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten „für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies … für dessen Durchführung … erforderlich ist.“ Zu berücksichtigen sind dabei vor allem die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter, in die eingegriffen wird. Für die Bestimmung der Erforderlichkeit kommt es auf die berechtigten Interessen und Zwecke des Arbeitgebers an. Gestattet sind auch Maßnahmen zur Kontrolle, ob der Arbeitnehmer den geschuldeten Pflichten nachkommt. Auch die zur Organisation des Betriebes und des Personaleinsatzes benötigten Informationen fallen unter die Zweckbestimmung.

Es ist unstrittig, dass der Arbeitgeber die Leistung seiner Arbeitnehmer kontrollieren kann, inwieweit dieser seine arbeitsvertraglichen Pflichten einhält. Dabei sind aber verfassungsrechtlich gebotene Grenzen bei der Kontrolle des Arbeitnehmerverhaltens zu beachten. Der Mitarbeiter darf nicht einem permanenten und umfassenden Leistungsdruck unterworfen werden. Stellt das Telefonat die eigentliche Arbeitsleistung dar, so ist in gewissem Umfang auch eine Leistungskontrolle zulässig, indem der Arbeitgeber unter Einsatz automatisierter Anrufverteilungstechnik z.B. Anzahl und Dauer der Anrufe registriert und in sog. „Bedienplatzreports“ ermittelt, wie häufig sich der Mitarbeiter aus der Bearbeitung einkommender Gespräche ausgeschaltet hat oder welche Nachbearbeitungs- oder Abwesenheitszeiten vom Arbeitsplatz entstanden sind. Die Kontrolle im Hinblick auf die Erfassung und Auswertung der angefallenen Telefondaten ist also insoweit zulässig, als sie im Rahmen einer Abwägung zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen verhältnismäßig ausfällt. Diese dürfen jedoch nicht zu tief in das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer eingreifen; die konkreten Kontrollvorhaben sind einzelfallbezogen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu unterziehen.

Auswertungen der Gespräche

Unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit ist somit grundsätzlich eine Auswertung z.B. in Statistiken zulässig. Idealerweise fließen die Daten nur in anonymisierter Form in Gruppenstatistiken ein. Solche gruppenbezogenen Auswertungen ließen sich auch dauerhaft anlegen. Ist dies nicht möglich, kann grundsätzlich auch eine mitarbeiterspezifische Auswertung der Bedienplatzreports durchgeführt werden, sollte hingegen aber an nicht mehr als an 12 Tagen pro Monat erfolgen, wobei dieser Wert an den Einzelfall angepasst werden sollte. Bei einer größeren Überschreitung bestünde die Gefahr, dass dieses Vorgehen als nicht mehr verhältnismäßig und damit unzulässig anzusehen wäre; eine tägliche mitarbeiterspezifische Auswertung ist insoweit als unzulässig einzustufen. Daneben sind unter Berücksichtigung des Need-to-know-Grundsatzes Zugriffsberechtigungen zu regeln, also wer im Unternehmen auf diese Auswertungen zugreifen darf.

Dürfen Gespräche aufgezeichnet werden?

Von den oben aufgeführten Daten und der Bewertung der Zulässigkeit abweichend ist der Bereich der Gesprächsaufzeichnung. Hinnehmen muss der hierüber informierte Callcenter-Mitarbeiter per Einwilligung das Aufzeichnen seiner Gespräche, wenn dies auf Grund von Dokumentationspflichten erforderlich ist. Ohne konkrete Information ist ein Mithören zwecks Qualitätskontrolle nicht zulässig und die für ein zu diesem Zweck durchgeführtes Aufzeichnen von Gesprächen erforderliche Einwilligung iSv § 201 StGB unwirksam. Weitere Information hierzu finden Sie in diesem Beitrag.

Einwilligungen im Beschäftigungsverhältnis bedürfen für ihre Wirksamkeit jedoch der Einhaltung formeller Voraussetzungen. Die Einwilligung an sich muss nicht zwingend schriftlich erfolgen, jedoch müssen einige Anforderungen an diese erfolgen. Zu einem muss der Arbeitgeber den Nachweis über eine erfolgte (freiwillige) Einwilligung durch den Betroffenen erbringen können. Zum anderen ist dieser zuvor zwingend über sein Widerrufsrecht aufzuklären, wonach dieser die Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen kann. Weiter muss der Mitarbeiter über den Zweck der Datenverarbeitung informiert werden. Soweit diese Informationen auch über die Box abgebildet werden können, bspw. durch einen ergänzenden Begleittext, ist eine elektronische Einwilligung nach meinem Dafürhalten nicht zu beanstanden. Sollte dies erfolgen, kann ich Sie bei der konkreten Ausgestaltung natürlich unterstützen.

Speicherung der Telefonnummern

Einer Speicherung der Telefonnummern der Anrufer stehen keine grundsätzlichen datenschutzrechtlichen Bedenken entgegen. Bei Telefonnummern handelt es sich um personenbezogene Daten. Für interne Auswertungen wie Anzahl eingegangener Anrufer wäre es datenschutzrechtlich am besten, wenn die beabsichtigte Speicherung der Telefonnummer in anonymisierter Form erfolgt. Dies könnte bspw. durch Streichen der letzten drei Ziffern erfolgen und ein Personenbezug mit seinen datenschutzrechtlichen Anforderungen würde zugleich entfallen. Sollte dieses nicht möglich sein, bestünde grundsätzlich auch die Möglichkeit, die Nummer vollständig zu speichern. Dann sollte jedoch datenschutzrechtlich folgendes beachtet werden: Als erforderliche Rechtsgrundlage für ein Speichern von Telefonnummern kommt § 28 Absatz 1 Satz Nr. 2 BDSG in Betracht. Danach ist dies möglich, wenn es zur Wahrung Ihrer berechtigter Interessen erforderlich ist und schutzwürdiges Interesse des Betroffenen nicht überwiegt. Dem folgend bedarf es einer Abwägung der Interessen unter Berücksichtig des Speicherzwecks. Ferner sollte in Hinblick auf die Interessen der Betroffenen eine Speicherung der Anrufer-Nummern in zeitlicher Hinsicht auf das erforderliche Minimum reduziert und anschließend gelöscht werden. Die danach generierten statistischen Daten dürften kein weiteres Bereithalten der zugrundeliegenden Anrufer-Nummern erfordern.

Ist sonst noch etwas zu beachten?

Die meisten Unternehmen greifen für ACD Anlagen auf cloud-basierte Lösungen von Dienstleistern zurück. Ist dies der Fall, dann ist neben dem Abschluss einer Vereinbarung zur Auftragsdatenvereinbarung mit dem Anbieter auch der Standort der Datenverarbeitung von Bedeutung, ggf. der Abschluss weiterer datenschutzrechtlicher Vereinbarungen erforderlich. Ebenso sind die technischen und organisatorischen Maßnahmen zum Schutz der personenbezogenen Daten beim Dienstleister von Bedeutung.

Eine ACD-Anlage erfüllt üblicherweise die Tatbestandsmerkmale des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG und ist deshalb Gegenstand zwingender Mitbestimmung.

Fazit

Call Center sind ein unverzichtbarer Baustein für die Kundenkommunikation. Die praktische Herausforderung liegt in der richtigen Ausgestaltung von Anruferstatistiken und Auswertungen, also in der Abwägung und Bewertung der Interessen und Rechten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Hierzu wird Ihnen Ihr Datenschutzbeauftragter weiterhelfen können.

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