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Datenschutz? Ich hab‘ doch nix zu verbergen!

Datenschutz? Ich hab‘ doch nix zu verbergen!

Da war er wieder, dieser Satz, der mir die Zornesröte ins Gesicht treibt. Angefangen hatte die Diskussion als eine von den üblichen Smalltalk-Runden auf einer Party von Bekannten, auf der man sich auch erzählt, was „man so macht“.

Ich hab‘ doch nix zu verbergen – oder etwa doch?

Meine Antwort, dass ich Datenschutz betreibe, als externe betriebliche Datenschutzbeauftragte, löste erstmal verblüfftes Schweigen aus. Dann wagte sich einer aus der Runde aus der Deckung, der zuvor erzählt hatte, bei einem großen Handelshaus im Einkauf tätig zu sein. Er hatte auf dem Gebiet schon wertvolle Erfahrungen gesammelt, an denen er uns gerne teilhaben ließ:

Datenschutz ist doch nur Firlefanz, überflüssig und teuer

Also, in seiner Firma sei ja auch so ein Datenschutzbeauftragter. Den müsse man ja haben. Aber tun tut der nix, der kostet nur. Und überhaupt sei dieser ganze Datenschutz ja so etwas von überflüssig. Genau, mischte sich ein Zweiter ein, damit würden sich ja nur Straftäter der gerechten Verfolgung entziehen!

Und dann kam er wieder aus der Runde, der Klassiker der Killerargumente:

Also ich hab‘ doch nix zu verbergen! (Was dann soviel heißt wie: ich bin noch nie schwarz gefahren, habe noch nie bei der Steuer geschummelt, bin nie fremdgegangen oder habe sonst irgendwas gemacht, was ich meinen Nachbarn nicht erzählen würde)

Während ich kurz über Auswanderung oder doch zumindest den kompletten Austausch meines Bekanntenkreises nachdachte, entspann sich die Diskussion munter weiter: Was sich die Behörden denn hätten, so mit Facebook, das wäre doch eine prima Sache. Nee, meinte ein anderer, Google+ sei doch viel besser.

Außerdem (ein weiterer Klassiker!) habe derjenige, der nichts zu verbergen habe, auch nichts zu befürchten. Und dass die Werbung noch viel besser werden könnte, also nur für Produkte, für die man sich auch interessieren würde, das wäre doch schön, wäre da nicht immer dieser lästige Datenschutz. Es folgte eine kurze Pause und man sah zu mir. Ich hatte schließlich seit meinem Outing als Datenschutzbeauftragte nichts mehr gesagt.

Unschuldig verdächtigt gibt es aber auch

Ich konterte mit einer kleinen Geschichte, die ich ein paar Tage zuvor auf daten-speicherung.de gelesen hatte:

Ein junger Navy-General und 38 weitere Personen aus England nahmen sich das Leben, nachdem sie aufgrund von Datenspuren beschuldigt und teilweise verurteilt worden waren, sich Kinderpornografie beschafft zu haben. Der junge Navy-General war vom Dienst suspendiert worden, obwohl sich die Vorwürfe gegen ihn in den Ermittlungen zuvor nicht erhärtet hatten (Quelle). Im April/Mai 2007 stellte sich heraus, dass ein großer Teil der 7.000 verdächtigen Briten Opfer von Kreditkartenbetrügern waren, darunter wohl auch mehrere der Menschen, die sich das Leben genommen hatten. Ihre Kreditkartendaten waren „gephisht“ und dann benutzt worden, um bestimmte Sites zu besuchen, unter denen auch Kinderporno-Sites waren.

Überflüssig zu sagen, dass derlei Geschichten zwar nicht sehr häufig, aber doch regelmäßig vorkommen. Menschen sind oft faul und neigen dazu, nicht mehr allzu selbstständig zu denken, wenn alles in schönen bunten Häppchen serviert wird und der Computer die dann ausspuckt. Da machen auch Ermittlungsbeamte nicht immer eine Ausnahme. Soviel also zu: „Wer nichts zu verbergen hat, hat nichts zu befürchten.“

Der mittlerweile verstummten Runde setzte ich entgegen: „Richtiger wäre: Wer nichts zu verbergen hat, braucht auch nicht überwacht zu werden.“

Für alle, die weiterlesen wollen, sei die erwähnte Seite daten-speicherung.de wärmstens ans Herz gelegt; hier werden einigen Stammtisch-Parolen gepflegt die Grundlage entzogen:

Plädoyer für den betrieblichen Datenschutz

Als ich dann noch eine weniger spektakuläre, dafür selbst erlebte Anekdote aus meinem Arbeitsalltag erzählte, hatte ich hoffentlich ein paar der Beteiligten zum Nachdenken gebracht.

Dabei ging es „nur“ um die Zusammenführung von Videodaten vom Parkplatz mit der Zutrittskontrolle – eine kleine feine lückenlose Überwachung mitsamt unbegrenzter Speicherung, wer mit wem und welchem Auto zu welchem Zeitpunkt die Firma betrat oder verließ, ging den Anwesenden dann wohl auch ein wenig zu weit. „Und“ sagte ich, „vielleicht ist so ein betrieblicher Datenschutzbeauftrage manchmal doch ganz nützlich, damit das Grundrecht auf Datenschutz als Ausdruck des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch von Firmen gewahrt bleibt.“

Nachtrag

Ein aktueller Fall von der gerade noch laufenden Olympiade, bestätigt meinen Entschluss, dem Datenschutz allen Widrigkeiten zum Trotz weiter treu zu bleiben:

Ein Zuschauer ist während eines Radrennes in Redhouse Park, Leatherhead verhaftet worden, weil er nicht gelacht hat und sich mit den anderen gefreut hätte. Damit habe er sich verdächtig gemacht. Ob er mittels einer intelligenten Kamera aufgespürt wurde oder „altmodisch analog“, ist nicht bekannt. Trotzdem bleibt der Fall besorgniserregend. Ach ja, der Grund, warum sich der Mann so verhielt: Er leidet an Parkinson, was bei ihm zu Gesichtslähmung führte …

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  • „noch laufende Olympiade“? Zur Zeit gerade nicht. ;-)

  • Sehr verehrte Autorin,

    vielen Dank für Ihren treffenden Artikel.
    Sie haben die erlebte Situation bei Ihren Bekannten auf schlagfertige Weise gemeistert, trotz der üblichen Vorurteile und Propaganda-Pseudo-Argumente. Allerdings sind Sie auch beruflich erfahren auf dem Themengebiet. Viele andere Datenschutzbewusste hätten in dieser (typischen) Situation keine souveräne Gegenwehr aufbauen können.

    Leider bleibt festzuhalten, dass eine große Mehrheit in Deutschland (in anderen Ländern natürlich auch) ahnungslos und naiv, gutgläubig und sorglos, obrigkeithörig und autoritätsgläubig ist.

    „Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten.“
    Dieser Satz ist Ausdruck perfekter Gehirnwäsche durch die alltägliche Manipulation in Medien, Politik und Gesellschaft.

    Die Leute, die glauben, nichts zu verbergen zu haben, schließen dann aber doch ihre Haus- und Wohnungstüren zu und ab. Die Toilettentüre wird auch abgeschlossen. Kleidung wird auch getragen. Gardinen sind auch oft zu sehen.
    Haben die Leute vielleicht doch etwas zu verbergen? Etwa so ein unbedeutendes Menschenrecht namens Privatsphäre?

    Und überhaupt. Wer definiert denn, wer nichts zu befürchten hat?
    Diese Leute glauben in ihrer Schafsmentalität, immer auf der richtigen, unverdächtigen Seite zu stehen.
    Dass in der Regel der Staat festlegt, was verdächtig ist und was nicht, dass der Staat oft genug seine Machtbefugnisse missbraucht und seine Handlanger keine ernsthaften Konsequenzen zu fürchten haben, all das ist diesen Lemmingen und Duckmäusern natürlich nicht bewusst.

    In unserem Staat, in unserer Gesellschaft ist es schon so weit gekommen, dass jeder unbescholtene Bürger unter Generalverdacht steht, ein potentieller Terrorist zu sein.
    Im Supermarkt oder anderen Läden, ein potentieller Ladendieb.
    Als Spaziergänger in Wohngebieten, ein potentieller Einbrecher auf Kundschaftstour.
    Als Mann, ein potentieller Kinderschänder, der an „freiwilligen“ Massengentests teilnehmen „darf“.
    Als Muslim oder Ausländer, auch ein potentieller Terrorist.
    Als Bankkunde oder Bargeldnutzer, ein potentieller Geldwäscher.

    Bitte bleiben Sie, wehrte Autorin, weiterhin standhaft bei der Ausübung Ihrer Berufung.
    Auch wenn „wir“ (alle Datenschutzbewusste) seit 9/11 und spätestens seit Facebook und Smartphones verloren haben, so gibt es dennoch immer mal wieder kleine Hoffnungsschimmer am Horizont.

    Jeder Daten-GAU hilft (ironischerweise) den Datenschützern.

  • Wenn mir jemand eine Geschichte erzählt, in der ein „Navy-General“ vorkommt, verbuche ich alles weitere auch nur noch als bestenfalls Halbwissen bis Hörensagen.

  • Das Argument „Ich hab doch nichts zu verbergen“ ist relativ leicht zu entkräften. Da fragt man erstmal in die Runde „Wer hat denn schon einmal den Playboy gekauft“ oder (je nach Bekanntheitsgrad) „Wer hat sich denn schon Pornos angeschaut“. Mal sehen, wer sich traut, das zuzugeben und dann weiterbohren, „das könne man ja dann auch veröffentlichen, wenn man nichts zu verbergen hat“… Wenn das zu hart ist, reicht auch die Frage, wer bereit wäre, seine Kontoauszüge zu veröffentlichen. Oder einfach, wer seine Haustür offen lassen würde, damit Fußgänger die Wohnung besichtigen können. Wenn dann noch zu hören ist „Nicht das Gleiche!“ haben Sie jedenfalls Ihre Bekannten da in der Diskussion, wo sie hingehören. In der Defensive.

  • Also ich frag die Leute dann immer, was so ihre Lieblingsstellungen im Bett sind, ob ihre Frau alle ihre Wünsche teilt und daß mich das dann schonmal interessieren würde und ich gerne eine Webcam in ihrem Schlafzimmer installieren würde.

    Dann heisst es gleich, „ja soo war das ja nicht gemeint“.

    Gut ist auch mal zu fragen (wenn man die Leute nicht so kennt), ob sie 50 Euro in 10er und 20er Scheinen dabei haben. Diese sind nämlich verdächtig, da es sich um eine Szenetypische Stückelung handelt, wie sich das im Polizeijargon nennt. Nett ist auch, ob sie was dagegen haben, dem Arbeitgeber mal die Krankenakte zu übermitteln…

  • „Während ich kurz über Auswanderung oder doch zumindest den kompletten Austausch meines Bekanntenkreises nachdachte“

    Wohin wollten Sie denn auswandern?
    Wenn’s um Datenschutz und Privatsphäre geht, kommt neben Deutschland höchstens noch Österreich in Frage.
    Im Rest Europas und erst recht der Welt sieht es dagegen düster aus.

  • Auch wenn der Beitrag schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat: sehr interessant und gut geschrieben. Auf das immer wieder zu vernehmende, mir so verhasste Argument, wer nichts zu verbergen habe, der habe auch nichts zu befürchten, antworte ich gerne, dass mein Gegenüber mir doch bitte mal sein Smartphone geben soll. Ich würde gerne alle E-Mails lesen, alle Fotos und Videos ansehen, überprüfen, welche Webseiten er / sie besucht und welche Inhalte er / sie heruntergeladen hat, welche Personen in seinen Kontakten zu finden sind, wer davon wann Geburtstag hat und was so alles in seinem Kalender steht. Ach ja, und speichern darf ich all diese Inhalte dann natürlich auch, jederzeit und wohin ich will, und ich darf diese Informationen nutzen und verkaufen, ganz nach meinem Belieben und ohne vorherige Einwilligung. Genau das machen Konzerne wie Google und Facebook, erkläre ich dem verdutzten Gegenüber dann gerne. Und schon ist Ruhe :-)

  • Würde jemand diese Aussage einem professionellen Datenschutzbeauftragten zutrauen? Als durch Herrn Snowden die Tragweite der staatlich organisierten und auch von der deutschen Regierung geduldeten Überwachung ans Tageslicht kam, bekam ich just zu dieser Zeit einen Newsletter von unserem externen Datenschutzbeauftragten zum Thema „Unzulässige Datenübermittlung an Drittstaaten“. Ich schrieb scherzhaft zurück, er solle den Newsletter auch mal an unsere Bundesregierung schicken. Daraufhin bekam ich folgende Antwort:
    ##ZITAT##
    Wissen Sie, ich kann das Thema mittlerweile nicht mehr hören. Ja, es finden Übermittlungen und sonstige Aktivitäten statt, die nicht sein sollten, andererseits konnten durch solche Geheimdienstaktivitäten auch schon einige Terroranschläge im Vorfeld verhindert werden, sei es in Deutschland, USA oder sonst wo auf der Welt. Ich persönlich habe nichts zu verbergen und bin ehrlich gesagt froh darüber, dass mein Leben dadurch sicherer gestaltet wird. Aber das muss natürlich jeder für sich selbst bewerten.
    ##ZITAT ENDE##
    Seine Glaubwürdigkeit als Datenschutzbeauftragter hat er dadurch eingebüßt…

  • Ich habe doch gewisse Probleme mit dieser einhelligen Befürwortung (sowohl im Artikel wie auch in den Kommentaren) eines in meinen Augen überzogenen Datenschutzes. Natürlich möchte ich meine Kreditkarten nicht Kriminellen und Räubern zur Verfügung stellen und möchte auch nicht im Schlafzimmer mit Webcams beobachtet werde. Diese Argumente sind aber auch – gelinde gesagt – nicht besonders intelligent.
    Ich bin hingegen einverstanden, dass meine Daten inkl. Telefon- und Mailverbindungsdaten wie auch Kontodaten von Strafverfolgungsbehörden genutzt werden, um mithilfe entsprechender Algorithmen Verdächtige zu identifizieren. Ich gehe davon aus, dass entsprechende Stellen hier ihren Job verantwortlich tun. Natürlich kann hier Missbrauch passieren, der aber in einer funktionierenden Gewaltenteilung durch Gerichte behandelbar sein sollte.
    Ich nutze darüber hinaus auch gerne Dienste die nur funktionieren, weil Unternehmen meine Daten sammeln. Ich finde es gut, wenn mir Spotify nur Lieder vorspielt, die ich mag und der Versandhändler mir Angebote macht, die ich auch attraktiv finde.
    Die Abwägung, welche Daten von wem zu welchem Zweck genutzt werden können/dürfen ist leider nicht immer einfach und kann auch nicht immer ins Belieben des Einzelnen gestellt werden. Der Artikel und die Kommentare sind aber doch sehr starrsinnig und rechthaberisch und werden diesem komplexen Feld nicht gerecht.

    • @ Martin Winter

      „Ich bin hingegen einverstanden, dass meine Daten inkl. Telefon- und Mailverbindungsdaten wie auch Kontodaten von Strafverfolgungsbehörden genutzt werden, um mithilfe entsprechender Algorithmen Verdächtige zu identifizieren.“

      Warum wollen Sie sich als (vermutlich) Unschuldiger vom Staat überwachen lassen? Haben Sie noch nicht mitbekommen, dass wir schon damit überfordert ist, echte Kriminelle und Terroristen zu überwachen und einzusperren (siehe Paradebeispiel Weihnachtsmarktattentäter Amri oder NSU-Gruppe)? Warum wollen Sie unsere Zeit und das Geld der Steuerzahler damit belasten, Sie als (vermutlich) gesetzestreuen Bürger zu überwachen?

      Lassen Sie uns unsere Arbeit machen, aber ohne Massenüberwachung unschuldiger Bürger wie Sie, sondern mit gezielter Ermittlung gegen konkrete Verdächtige (die wir auch ohne Algorithmen identifizieren können).

      Würden Sie und andere naive „Nichts-zu-verbergen“-Bürger sowie viele unserer auf Machterhalt getrimmten Politiker und die profitorientierten Lobbyisten der Sicherheitsindustrie nicht ständig das hohe Lied vom Allheilmittel der Massenüberwachung singen, würden wahrscheinlich die Todesopfer des Weihnachtsmarktattentäters Amri heute noch am Leben sein.

      Denken Sie mal darüber nach, welche Kollateralschäden Sie mit Ihrer Massenüberwachungsideologie verursachen. Wir als Polizei finden vor lauter Heu die Stecknadeln nicht mehr, die normalen Bürger haben kaum noch Privatsphäre, die unser freiheitlich demokratischer Rechtsstaat zum Atmen braucht und die Kriminellen freuen sich tagtäglich über neuen „Datenreichtum“, der durch staatliche Massenüberwachung und kommerzielle Datensammelei gefördert wird.

    • @Martin Winter
      „Ich finde es gut, wenn mir Spotify nur Lieder vorspielt, die ich mag und der Versandhändler mir Angebote macht, die ich auch attraktiv finde.“
      Und ich finde es erschreckend und bevormundend, wenn ein Anbieter meint zu wissen, was mir gefällt. Vor allem wenn die Vorschläge (z. B. auch Videos bei YouTube) überhaupt nicht mein Fall sind. Nur weil ich einmal etwas anklicke, will ich es dann nicht noch monatelang vorgeschlagen bekommen. Ich möchte selbst entscheiden, was ich sehen bzw. kaufen will. So steigern Versandhändler im Übrigen auch ihren Umsatz: Man bekommt etwas zu sehen, das einem bestenfalls gefällt, und kauft es – auch wenn man das eigentlich gar nicht geplant hatte.

  • Vielen Dank für den Artikel, auch wenn er schon sehr alt ist. Leider oder gottseidank hat er nichts an Aktualität verloren. Nun habe ich genau die Argumente, die ich in meinem Bekanntenkreis benötigt, um zumindest einmal ausführlich (und auch für jene Leute die mit den berühmten Brettern vor dem Kopf herumlaufen) klarzustellen, was Datenschutz und Privatsphäre überhaupt bedeutet. Die Beispiele von Pornoseiten wirken bei Männern immer, gleiches gilt für die Stellungen bei den Frauen. Ich habe bis dato im Vergleich zu Facebook & Co immer gefragt, ob die Leute sofort bereit wären mir Adresse, Telefonnummer, und ähnliche Daten bekanntzugeben, wenn ich sie auf der Straße anspreche. Dann wurde es ruhiger. Auf die Frage warum sie es dann auf den (un)sozialen Netzwerken tun, erhielt ich fast ausnahmslos jene im Artikel und in den Kommentaren erwähnte Antwort, dass man ja nichts zu verbergen hätte. Nunmehr bin ich doch viel sattelfester geworden und dafür danke ich recht herzlich.
    PS: Hier „Und das die Werbung noch viel besser werden könnte, also nur für Produkte,…“ ist beim „das“ ein „s“ zu wenig…

  • Auch wenn dieser Artikel bereits recht alt ist, er wird offenbar immer noch verlinkt und gelesen; daher kann ich mir einen Kommentar nicht verkneifen.

    Natürlich ist es richtig, dass es falsche Verdächtigungen selbst in einem Rechtstaat geben kann. Diese sollten überwiegend im Laufe der Ermittlungen ausgeräumt werden können.
    Wer aus Angst vor einer temporären Verdächtigung wie im o.g. Beispiel aus GB ein Plädoyer für Datenschutz zieht, sollte jedoch auch hinterfragen:
    Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit Opfer einer solchen falschen Verdächtigung zu werden? Und wie hoch ist im Gegenzug die Wahrscheinlichkeit Opfer eines Betrugs zu werden? Wir stellen hier vereinzelte unschöne Fälle von temporärer falscher Verdächtigung über massenhafte zigtausende Fälle von Betrugsfällen mit häufig hohen Schäden, die häufig nicht erstattet werden können. Diese Schäden verursachen nicht nur massive wirtschaftliche Schäden, sie treiben einige Privatleute und kleinere Betriebe auch in den wirtschaftlichen Ruin. Das mag zwar auch nicht die Regel sein (die meisten Opfer von Betrugsdelikten verlieren nur ein paar hunderte Euro, die sie verschmerzen können), aber die Zahlen der wirtschaftlich ruinierten sind sicherlich noch deutlich höher als die Zahlen der falsch verdächtigten. Auch von denen begeht möglicherweise der ein oder andere Suizid, weil sein lebenslang angespartes Vermögen plötzlich weg ist. Wie hoch diese Suizidzahlen sind, ist statistisch nicht erhoben.
    Zudem: die Untätigkeit der Behörden gegen Betrüger untergräbt das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat. Wenn der Staat seine Bürger nicht mehr vor Betrügern schützen kann, dann ist der Rechtsstaat in einer existentiellen Krise – die u.U. das Ende des Rechtsstaates bedeuten kann. Das möchte nun wirklich niemand – auch nicht die Datenschutzbeauftragten!

    Zugegeben, ein Überwachungsstaat wie George Orwell ihn gemalt hat, würde den Rechtsstaat ebenfalls gefährden. Wir wollen keine StaSi, die Datenmengen daraufhin durchfilter, welche politischen Meinungen die Bürger vertreten. So etwas darf nie geschehen! Da bin ich ihrer Meinung.
    Dennoch: Die Daten aus Zahlungsverkehr sowie Bestandsdaten von EMail, Telefon und diversen Online-Diensten müssen Strafverfolgungsbehörden zum Zwecke der Strafverfoglung zugänglich sein.
    Natürlich müssen Gesetzte und auch Kontrollen verhindern, dass die Daten zu politischen Zwecken ausgewertet werden. Nichtsdestotrotz, finde ich es unverschämt, dass der Staat mich nicht vor Betrügern schützen darf, weil mein Nachbar es vielleicht nicht mag, dass u.U. ein Ermittler sehen könnte, wofür er sein Geld ausgegeben hat.
    Die Strafverfolgungsbehörden unterliegen der Verschwiegenheit. Zudem haben die Ermittler mehr als genug zu tun, mit ihrer Aufgabe Straftaten zu erforschen (das kann ich als Kripo-Beamter aus erster Hand berichten). Da bleibt keine Zeit (und auch kein Interesse daran) in der schmutzigen Unterwäsche von unbeteiligten zu stochern, ob diese ihr Geld vielleicht für Prostituierte oder ähnliche prekäre Zwecks ausgegeben haben könnten. Das interessiert mich nicht die Bohne und da habe ich auch keine Zeit für. Ich nutze meine Zeit lieber, um Betrüger zu ermitteln – was häufig leider nicht funktioniert, weil der Datenschutz das verhindert.

    Fazit: Datenschutz verhindert vereinzelte Fälle temporärer falscher Verdächtigung und fördert daher massenhaft Fälle von Betrug – in teils erheblichem Ausmaß mit gravierenden Folgen. In allen staatlichen Erwägungen muss die Verhältnismäßigkeit gegeben sein. Diese sehe ich hier nicht gegeben.

  • Liebe Autorin, ich habe vor Jahren diesen Vortrag gehalten: media.ccc.de/v/gpn19-123-ich-habe-doch-nichts-zu-verbergen und viel Kritik dafür bekommen. Dass ws nötig ist immer noch darüber schreiben zu müssen beweisst meine These von der 3 stufigen Stupidifizierung:
    Stufe 1 die Unwissenheit – dagegen hilft Aufkärung
    Stufe 2 die Ignoranz – dagegen hilft nichts nicht mal Prügel leider
    Stufe 3 die Arroganz – das regelt früher oder später die Gravitation und die ist unerbittlich – gottlob!

  • „Ich habe doch nichts zu verbergen“ ist so ziemlich die schlimmste und einfältigste Begründung für irgend etwas. Das ist in etwa so: Ich habe habe nichts gegen Antisemitismus, Ich bin ja eh kein Jude. Blödsinniger, bildungsloser und nachgequatschter kann eine Begründung nicht sein. Wer mir mit dem „nichts zu verbergen-Satz“ kommt, wird von mir nicht länger als ernstzunehmender Gesprächspartner akzeptiert.

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