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G20: Hier spricht die Polizei und wir wollen Ihre Daten. Aus Gründen!

G20: Hier spricht die Polizei und wir wollen Ihre Daten. Aus Gründen!

Verschiedene Meldungen über das Vorgehen der Hamburger Polizei beim G20 Gipfel werfen datenschutzrechtliche Fragen auf, deren Beantwortung selbst der Polizei nicht leicht zu fallen scheint. Dabei geht es auch um die Überprüfung der IMEI Nummern von Busreisenden sowie die Aufforderung an verschiedene Hamburger Hostels, die Daten ihrer Gäste herauszugeben.

Datenschutz beim G20-Einsatz (k)ein Thema

Der G20 Gipfel ist vorüber und die meisten Hamburger sind wahrscheinlich heilfroh darüber. Die Aufarbeitung der Geschehnisse ist allerdings noch in vollem Gange. Auch der Datenschutz spielt dabei eine Rolle. So haben schwarze Listen von Journalisten für Empörung gesorgt und noch mehr schwarze Listen werden von Teilen der Politik gefordert. Darüber hinaus ereigneten sich aber noch weitere datenschutzrelevante Vorfälle.

Weiß die Polizei eigentlich was „persönliche Daten“ sind?

Für Aufsehen auf Twitter sorgte bereits vor einigen Tagen die Meldung, dass die Hamburger Polizei, wie sie selbst mitteilte, die Mobiltelefone und insbesondere die IMEI Nummern von Busreisenden kontrollierte. Die Polizei twitterte außerdem:

„Apps oder persönliche Daten wurden nicht ausgelesen.“

Vielleicht sollte man sich in diesem Zusammenhang einmal überlegen, die Datenschutzschulungen bei der Hamburger Polizei – hoffentlich finden solche überhaupt statt – zu überarbeiten und dabei einen besonderen Schwerpunkt auf die juristische Definition von „persönlichen Daten“ zu legen. Dann nämlich müsste die Hamburger Polizei bemerken, dass es sich bei der IMEI Nummer eindeutig um ein „persönliches Datum“ (um in der Terminologie der Hamburger Polizei zu bleiben, korrekterweise natürlich „personenbezogenes Datum“) handelt. Denn dieses ermöglicht einen eindeutigen Rückschluss auf den Eigentümer des jeweiligen Mobiltelefons.

Keine Daten ohne Rechtsgrundlage

Die Erhebung und weitere Verarbeitung eines solchen Datums ist grundsätzlich verboten und bedarf einer konkreten Rechtsgrundlage. Bei einem sensiblen Datum wie der IMEI, mit der man allerlei schöne Sache machen kann, wie etwa mittels einer Funkzellenabfrage den Standort des jeweiligen Handybesitzers zu bestimmen, kann dabei der pauschale Verweis auf eine präventive Maßnahme zur Gefahrenabwehr, der bei solchen Gelegenheiten gerne einmal vorgeschoben wird, als Begründung sicher nicht ausreichen.

Hinzu kommt noch, dass das Mobiltelefon in der Regel auch entsperrt werden muss, um die IMEI auszulesen und dies anscheinend von den Betroffenen verlangt wurde. Dementsprechend gab es auch eine massenhafte Nachfrage auf Twitter nach der einschlägigen Rechtsgrundlage. Eine konkrete Antwort blieb die Polizei hier allerdings schuldig. Als ein Twitter-User bemerkte, dass den Bürgern doch gewisse Rechte zustehen würden, gab ihm die Polizei insofern Recht, als dass ihm ja der Rechtsweg gegen diese Maßnahme offen stehe. Man kann nur hoffen, dass dieses Rechtsstaatsverständnis eine bedauerliche Einzelmeinung des Twitter-Praktikanten der Hamburger Polizei ist.

Diese Hoffnung wird allerdings durch einen anderen Fall getrübt, über den gestern auf taz.de berichtet wurde. Demnach sollen LKA-Beamte mehrere Hamburger Hostels aufgesucht haben und dort wiederholt und mit Nachdruck die Herausgabe der Daten aller italienischen Gäste gefordert haben. Dies wiederum ohne Nennung einer Rechtsgrundlage oder sonstiger konkreter Gründe. Die Inhaber der Hostels haben da spontan die eigentliche Aufgabe der Polizei übernommen – nämlich die Wahrung der Grundrechte der Betroffenen – und den Beamten die Herausgabe der Daten verweigert. Die Pressestelle der Polizei äußerte sich laut taz nicht konkret zu den Fällen, da diese „nicht verifiziert“ seien. Sie bestätigte aber, dass die Beamten in solchen Fällen die Daten nicht ohne Begründung hätten verlangen dürfen. Das müsste diesen aber auch bewusst gewesen sein. Dass die Beamten trotzdem keine Begründung liefern wollten oder konnten, spricht nicht gerade für die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme.

Es wird nicht besser

Datenschutz bedeutet Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und damit Grundrechtsschutz. Auch und gerade die Polizei muss sich daran halten. Grundsätzlich gilt: Keine Daten ohne Rechtsgrundlage und konkrete Verdachtsmomente. Das hat auch gute Gründe. Jeder Bürger muss davor geschützt werden, unter Generalverdacht gestellt zu werden, unter dubiosen Umständen auf schwarzen Listen zu landen, aufgrund eines Schreibfehlers mal eben bei der Polizei offiziell als Reichsbürger geführt zu werden oder sich dank Übertragungsfehler eines Kennzeichens gleich einer Leibesvisitation unterziehen zu müssen. Die derzeitige Datensammelwut des Staates und offensichtlich mangelnde Sensibilität hinsichtlich des Datenschutzes lässt solche Missstände und Pannen in Zukunft allerdings vermehrt befürchten. Aber dafür leben wir dann ja sicherer. Oder?

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  • Man traut es der Hamburger Polizei (oder jdf. dem Twitter-Betreuer) kaum zu, aber vielleicht wurde absichtlich fein differenziert: natürlich wurden personenbezogene Daten erhoben, nämlich die IMEI, aber eben nicht (höchst)persönliche wie Nachrichten, Kalendereinträge etc.

  • Oh Mann…

    Ich bastele noch an „Terminal-Decision“, und erwarte dass irgendwann die Polizei anruft, oder im Glauben das erzeugt Ehrfurcht bei mir vor der Türe steht, und die Herausgabe von Daten einer Person verlangt, die ihren Suizid angekündigt hat…..
    Pech, da lache Ich diabolisch, und schlage die Tür zu…
    Auch da gilt nicht „Gefahr im Verzug. Denn das gilt NICHT für Selbstgefährdung…
    Und auf einer Seite die extra für so etwas da ist, und damit wirbt nicht die Polizei zu unterstützen darf man NICHT von einem „Hilferuf“ ausgehen…
    Auch wenn da jede Woche eine Gruppe ihren Suizid verabredet, und es erfolgreich durchzieht, keine rechtliche Chance gegen die Webseite.

    In Bayern könnte Ich deswegen wahrscheinlich ohne Anklage in Haft zur Gefahrenabwehr genommen werden. Das soll ja sogar bei Gefahr einer „Ordnungswidrigkeit“ möglich sein. Und das pflegen einer Webseite die den Suizid unterstützt, oder sogar „fördert“ (auch wenn die Statistik des Jahres statt 10.000 auf einmal 11.000 aufweist, rechtlich ist da nichts zu machen) könnte die zu Kreativität bezüglich Gefahren verleiten.
    Gut dass Ich nicht in Seppelland lebe…

    • Wie kommen Sie darauf? Zwar gibt es ein Recht zur Selbstgefährdung, welches aus Art. 2 Abs. 1 GG hergeleitet werden kann (nicht unumstritten). Dieses findet wegen der Schutzpflicht des Staates für das Rechtsgut „Leben“ in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG aber seine Grenze bei einer Selbstmordgefahr. Die Anspruchsgrundlage für eine Auskunft wäre dann § 28 Abs. 2 Nr. 2 b) BDSG.

  • Sehr richtig und wichtig finde ich Ihren Kommentar, Dr. Datenschutz.

    Während der Staat (die Staaten) ihre und andere Bürger (und Politiker/Entscheidungsträger/Wirtschaft) immer mehr überwachen und kontrollieren, entwickeln die „Sicherheitsbehörden“, v.a. „Geheimdienste“ ein immer unkontrollierbareres Streben nach mehr Macht, Finanzmitteln und Ermächtigungsgesetzen.

    Dabei zeigt doch die Geschichte (z.B. Reichstagsbrand, Sender Gleiwitz, IRA, RAF, Wehrsport Hoffmann/München, Bologna, Al-Qaida, NSU, CIA etc.), dass von jedem Gewaltakt immer v.a. die Geheimdienste (v.a. finanziell) profitieren, selbst wenn sie ihn mit zu verantworten haben (z.B. auch Sylvester Köln).

    Die sinnvollste Lösung wäre natürlich das weltweite Verbot und die Ächtung aller geheimdienstlichen d.h. menschenrechtsverletzenden Tätigkeit staatlicher (und privater) Geheimorganisationen. Denn Geheimdienste (Gestapo, Stasi, KGB, CIA, BND etc.) sind gefährlich und schädlich (und kontraproduktiv) wie Atombomben.

    Dies erfordert natürlich eine internationale Initiative von Leuten mit Rückgrat.

    Lediglich im öffentlich einigermaßen kontrollierbaren Polizei/Justiz-Bereich dürfen Beobachtungsmaßnahmen für begründete Ermittlungsaufgaben zugelassen werden.

  • Nun ja… ich würde auf jeden Fall schnellstens den §37 VwVfG ziehen.
    Der geht gerne vergessen.

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