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Google Werbeblocker und die Rechtslage in Deutschland

Google Werbeblocker und die Rechtslage in Deutschland

Werbeblocker werden seit Jahren zunehmend beliebter und weltweit – als hardware- oder softwarebasierte Variante – immer verbreiteter. Für Anbieter solcher Lösungen entwickelte sich dadurch ein vielversprechender Markt. Hier will nun wohl auch Google mit einem eigenen Werbeblocker für seinen Browser Chrome einsteigen. Das klingt zunächst paradox, tatsächlich kann dadurch aber die eigene Werbung gefördert werden. Ob solche Werbeblocker rechtlich zulässig sind, ist in Deutschland allerdings noch unklar.

Warum Werbeblocker?

Der typische Konsument ist einer Studie zufolge täglich mit ca. 3.000 Werbebotschaften konfrontiert, die in der Regel auf dem Prinzip der „Störung“ basieren, um Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, indem etwa Pop-Up Fenster geöffnet oder automatisch startende Ton- oder Videosequenzen dargestellt werden, die sich nur sehr aufwändig beenden lassen.

Diese Art von Werbung im Netz ist u.a. auch datenschutzrechtlich problematisch, da in deren Hintergrund häufig Trackingfunktionen verwendet werden, die es ermöglichen Profile über das Verhalten im Internet sowie Interessen und Vorlieben der Nutzer zu erstellen, um diese entsprechend individuell und zielgerichtet zu bewerben. Eingesetzt werden z.B. Cookies, Zählpixel oder Device- bzw. Cross-Device-Fingerprinting.

Werbeblocker verhindern dass solche Anzeigen im Browser des Nutzers angezeigt werden und unterbinden in der Regel auch die verwendeten Trackingfunktionen. Betreiber von Webseiten beklagen dadurch hohe Umsatzeinbußen und sehen sich in ihrer Existenz bedroht. Insbesondere kostenlose Angebote finanzieren sich häufig allein durch Werbung.

Einnahmen durch Whitelists mit sog. akzeptabler Werbung

Gegen Zahlung einer Gebühr können Webseitenbetreiber sich oft einen Platz auf einer sog. Whitelist erkaufen. Werbeanzeigen, die nach Ansicht des Anbieters des Werbeblockers akzeptabel sind, also z.B. unaufdringlich oder den Lesefluss nicht unterbrechen, werden dann nicht blockiert.

Hier möchte wahrscheinlich auch Google ansetzen. Mit einem eigenen Werbeblocker können auch eigene Standards für akzeptable Werbung festgelegt oder zumindest daran mitgewirkt werden. Eine gute Gelegenheit, dafür zu sorgen, dass eigene Werbung nicht blockiert wird. Google ist immerhin einer der größten Anbieter von Werbung im Netz und könnte so seine Vormachtstellung ausbauen.

Verstoßen Werbeblocker gegen deutsches Recht?

Zumindest innerhalb Deutschlands muss Google jedoch stark mit der rechtlichen Zulässigkeit eines solchen Vorgehens auseinandersetzen. Diese Frage ist in Deutschland bislang höchstrichterlich nicht entschieden. Da Webseitenbetreiber ihre Geschäftsmodelle durch Werbeblocker gefährdet sehen und nach eigenen Aussagen starke Umsatzverluste erleiden, ist es in den letzten Jahren vermehrt zu Gerichtsverfahren gekommen.

  • Gezielte Behinderung und aggressive Praktik
    Einige Gerichte urteilten, dass Werbeblocker gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen und daher nicht zulässig sind. Ziel der Anbieter von Werbeblockern sei eine gezielte Schwächung der Marktstellung der Webseitenbetreiber, damit diese sich einen Platz auf den kostenpflichtigen Whitelists erkaufen. Das Vertreiben von Werbeblockern sei daher eine verbotene gezielte Behinderung von Mitbewerbern oder gar eine verbotene aggressive geschäftliche Handlung.In Bezug auf einen Werbeblocker von Google sind solche Gedanken aufgrund der Marktmacht des Unternehmens durchaus nicht fernliegend. Nach § 4a UWG liegt eine aggressive geschäftliche Handlung etwa dann vor, der Unternehmer eine Machtposition gegenüber dem Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zur Ausübung von Druck in einer Weise ausnutzt, die die Fähigkeit des Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers zu einer informierten Entscheidung wesentlich einschränkt.
  • Kein Wettbewerbsverstoß
    Der überwiegende Teil der Gerichte verneint eine gezielte Behinderung durch den Vertrieb von Werbeblockern, da Anbieter solcher Produkte in erster Linie eigene wirtschaftliche Interessen verfolgen und nicht die Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit der Webseitenbetreiber. Umsatzeinbußen seien zwar nicht abzustreiten, jedoch in diesem Maße im Wettbewerb hinzunehmen.Internetnutzer haben außerdem ein schutzwürdiges Interesse an der Abwehr unerwünschter Werbung, so dass die Gedanken des § 7 UWG, der Nutzern ein Dispositionsrecht über den Erhalt von Werbung z.B. via Mail, SMS oder Telefon einräumt, und die Datenschutzgesetze zu berücksichtigen sind.

Ausblick

Gleichwohl ist die Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit von Werbeblockern in Deutschland noch nicht abschließend beantwortet. Ein Verfahren wird wahrscheinlich in den kommenden Monaten vom Bundesgerichtshof entschieden. Neben den rein rechtlichen Aspekten hat sich auch eine politische und branchenübergreifende Diskussion um Werbeformen und akzeptable Standards dafür entwickelt, die zum Teil sehr hitzig geführt wird.

Wie ist Ihre Meinung zu Werbeblockern? Antworten Sie uns gern mit einem Kommentar.

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  • Ich kann mir schlecht vorstellen, dass Google von selbst einen Werbeblocker anbietet. Ich vermute dahinter die Umsetzung der neunen E-Privacy Richtlinie. Nach deren Vorgaben müssen die Browser zukünftig eine „Do-Not-Track“ Einstellung anbieten. Seltsam das dies keine Erwähung in dem Artikel findet.

    • Chrome bietet bereits die Möglichkeit einer „Do-Not-Track“ Funktion. Die Entwicklung des Werbeblockers dürfte daher aus anderen Motiven stattfinden. Zur Umsetzung der Vorgaben der E-Privacy-Verordnung dürfte ein Werbeblocker zwar hilfreich, aber nicht ausreichend sein.

  • Ich finde es bedenklich, dass das Recht der Werbeindustrie über das Recht der Verbraucher gestellt wird. Für mich ist die meiste Werbung einfach Spam. Die Möglichkeit Werbung gezielt abwehren zu können oder bei Bedarf zu empfangen hilft nicht nur mir sondern auch der Umwelt.

  • Danke Herr Brockhausen, genau so sehe ich das auch. Man sollte das Ganze mal vergleichen mit einem Schuhgeschäft. Es verkauft Schuhe. Nun sind aber keine Schuhe dabei, für die ich mich interessiere. Da kann der Verkäufer mir auch nicht einfach so irgendwelche auf´s Auge drücken. Und durch den Nichtkauf zerstöre ich als einzelner, selbst meine Aktionen Bestimmender nicht das Geschäftsmodell des Schuhverkäufers, da er ja weiter seine Schuhe verkaufen kann. Und so sehe ich das auch bei Werbung. Wenn ich sie nicht sehen will, kann sie mir niemand aufzwingen. Aber der Werbetreibende kann jederzeit seine Werbung an Andere herantragen.
    Nun aber noch eine andere Frage: Wie sieht es denn aus, wenn Werbende mit gewissen Tools „spionieren“, ob der Umworbene einen Werbeblocker installiert hat, ist das nicht ein unzulässiger Eingriff in ein fremdes Computersystem? Denn technisch muss der Werbende ja am fremden System auslesen können, dass Werbung blockiert wird. Da würde ich gern mal mehr darüber erfahren.

    • Richtig, wenn sog. Werbeblocker-Detektoren verwendet werden, müssen Informationen, die auf dem System des Nutzers gespeichert sind, ausgelesen werden. Darin könnte ein Verstoß gegen Datenschutzrecht liegen. Die Rechtslage ist hier aufgrund der eher mäßigen Umsetzung E-Privacy-Richtlinie in Deutschland leider nicht ganz eindeutig. Theoretisch müsste vor Einsatz des Detektors entweder eine Einwilligung des Nutzers eingeholt oder diesem zumindest die Möglichkeit eines Widerspruches in Aussicht gestellt werden. Rechtssicherheit schafft hier hoffentlich die sog. E-Privacy-Verordnung, die im kommenden Jahr anwendbar werden soll.

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