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Schadensersatz bei Datenschutzverstößen – Wer trägt die Beweislast?

Schadensersatz bei Datenschutzverstößen – Wer trägt die Beweislast?

Die Verteilung der Beweislast kann für den Erfolg einer Klage entscheidend sein. Der Oberste Gerichtshof (OGH) in Österreich hat sich jüngst in einem Urteil mit der Frage zur Beweislast bei Schadensersatzansprüchen auseinandergesetzt und eine klare Position bezogen.

Gegenstand der Entscheidung

In dem vor dem OGH entschiedenen Fall (Urteil vom 27.11.2019 – Az.: 6Ob 217/19h) geht es um einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten, wegen angeblich falscher Auskunft zur Bonität des Klägers. Die Beklagte, eine Wirtschaftsauskunftei, erteilt Bonitätsauskünfte u.a. auch über den Schuldstand des Klägers. Aufgrund eines angeblichen falschen Eintrags wurde dem Kläger der Kreditvertrag vom ursprünglich präferierten Anbieter verweigert und der Abschluss eines neuen Vertrages über einen anderen Anbieter, war mit schlechteren Konditionen verbunden. Hierfür verlangt der Kläger Schadensersatz.

Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch

Art. 82 Abs. 1 DSGVO normiert das Recht auf Schadensersatz:

Jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, hat Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter.

Der Anspruch setzt voraus:

  • ein Verstoß gegen die DSGVO,
  • einen materiellen oder immateriellen Schaden,
  • ein Verschulden des Verantwortlichen oder des Auftragverarbeiters.

Näheres zu den Anspruchsvoraussetzungen finden Sie in unserem Beitrag zu Schadensersatzansprüchen.

Beweislast für Schadensersatzansprüche

Grundsätzlich gilt für die Beweislast im Zivilprozessrecht, dass der Anspruchssteller die anspruchsbegründenden – also alle begünstigenden Tatsachen – vortragen muss. Hiernach müsste der Schaden, die Kausalität (die Tatsache, dass der entstandene Schaden auf eine rechtswidrige Verarbeitung zurückzuführen ist) und das Verschulden vom Anspruchssteller bewiesen werden.

Beweislastumkehr für das Verschulden

Für das Verschulden wird angenommen, dass sich aus Art. 82 Abs.3 DSGVO eine Beweislastumkehr und somit eine Ausnahme von der oben genannten Beweislastregelung ergibt. Nach Art. 82 Abs. 3 DSGVO wird das Verschulden wiederlegbar vermutet. Das bedeutet es wird dem Verantwortlichen als Anspruchsgegner auferlegt einen Entlastungsbeweis vorzulegen (Exkulpationsmöglichkeit).

Grenzen der Beweislastumkehr

Teilweise wird in der Literatur vertreten, dass die Beweislastumkehr über das Verschulden hinaus auch für die Kausalität greift. Dem Verantwortlichen obliege eine umfangreiche Rechenschaftspflicht (Art. 5 Abs. 2, 24 Abs. 1 DSGVO). Zudem sei es für den Betroffenen als Anspruchssteller eine unzumutbare Bürde auch den Beweis zur Kausalität zu tragen, weil ein Einblick in die entscheidenden Verarbeitungsvorgänge fehle. Hiergegen lässt sich zumindest einwenden, dass die aus der DSGVO abgeleitete Rechenschaftspflicht nur gegenüber den Aufsichtsbehörden und nicht gegenüber den Gerichten besteht.

Entscheidung des OGH hinsichtlich der Beweislast

Der OGH zieht eine klare Grenze hinsichtlich der Beweislastumkehr. In dem Urteil entscheidet der OGH, dass bei Schadensersatzansprüchen nach Art. 82 DSGVO lediglich hinsichtlich des Verschuldens eine Beweislastumkehr stattfindet. Der Kläger muss weiterhin den Schaden – sowohl das Vorliegen wie auch die Höhe des Schadens – und den Kausalitätszusammenhang nachweisen.

Zur Begründung führt der OGH auf, dass im Unionrecht zur Beweislast keinerlei allgemeine Bestimmungen verankert seien, sodass in diesen Fällen die nationalen Regelungen zum Tragen kommen. Zudem leite sich aus Art. 82 DSGVO allein eine Beweislastumkehr hinsichtlich des Verschuldens ab.

Auswirkungen auf Deutschland

Die Entscheidung des OGH ist zunächst allein ein Wegweiser für die anderen europäischen Länder. Einen direkten Einfluss auf die Rechtslage in Deutschland hat das Urteil aus Österreich also nicht.

Vieles deutet allerdings darauf hin, dass die Beweislastfrage in Deutschland von den Gerichten künftig ähnlich gehandhabt wird. Im vergangenen Jahr hat sich bereits ein deutsches Gericht mit der Frage der Beweislast bei Schadensersatzansprüchen beschäftigt. Genauso wie der OGH, kommt auch das LG Karlsruhe (Urteil vom 02.08.2019 – Az.: 8 O 26/19)  zu dem Ergebnis, dass der Anspruchssteller grundsätzlich beweispflichtig ist, mit Ausnahme der Beweispflicht hinsichtlich des Verschuldens. Eine substantiierte Darlegung des Schadensersatzanspruchs durch die Betroffenen dürfte demnach künftig ausschlaggebend sein für die erfolgreiche gerichtliche Durchsetzung.

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