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Verbandbuch – Unfälle datenschutzkonform dokumentieren

Verbandbuch – Unfälle datenschutzkonform dokumentieren

Die meisten Unternehmen führen ein betriebliches Verbandbuch. Was dabei jedoch aus Datenschutzsicht zu beachten ist, bleibt oft außen vor. Dieser Artikel gibt Hinweise zum Umgang mit dem Dokument.

Zweck des Verbandbuchs

Viele Unternehmen dokumentieren in einem Verbandbuch das Unfall- und Erkrankungsgeschehen der Mitarbeiter nach Zeit, Ort und Hergang, Art und Umfang der Verletzung oder Erkrankung, sowie Maßnahmen der Ersthelfer und ärztlichen Versorgung. Ebenso notiert wird dazu der Name des/der Verletzen, des Zeugen und des Ersthelfers. Zugriff auf diesen Verbandskasten haben oftmals alle Mitarbeiter des Unternehmens. Dies kann dazu führen, dass das Verbandbuch den Mitarbeitern als Pausenlektüre dient.

Besondere personenbezogene Daten

Betroffen sind hier besondere personenbezogene Daten i.S.d. § 3 Abs. 9 BDSG in Form von Gesundheitsdaten, da neben Name und Zeitpunkt des Arbeitsunfalls auch Hinweise zur Art der Verletzung notiert werden.

Diese dürfen nach § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG im Rahmen des Beschäftigtenverhältnisses nur verarbeitet werden, wenn dies zur Erfüllung der Rechte und Pflichten der Verantwortlichen Stelle auf dem Gebiet des Arbeitsrechts notwendig sind. Grundsätzlich ist zunächst nicht von einer solchen Notwendigkeit der Verarbeitung von Gesundheitsdaten im Arbeitsverhältnis auszugehen. Von diesem Grundsatz gibt es Ausnahmen.

Rechtsgrundlage für die Erhebung von Gesundheitsdaten

So darf der Arbeitgeber insbesondere krankheitsbedingte Fehlzeiten verarbeiten und so lange speichern, wie sie für arbeitsrechtliche Maßnahmen erforderlich sind (z.B. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen).

Aus einem Arbeitsunfall können aber auch für den Versicherten Leistungsansprüche gegenüber der Berufsgenossenschaft entstehen. Die Aufzeichnungen im Verbandbuch dienen der Dokumentation des Unfall- und Erkrankungsgeschehens und auch zum Nachweis für den Versicherten bei der Durchsetzung von Leistungsansprüchen gegenüber dem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung.

Daher können die Gesundheitsdaten in einem Verbandbuch eingetragen werden.

Richtiger Umgang mit dem Verbandbuch

Das Verbandsbuch sollte verschlossen in einem Schrank gelagert werden und nicht mit dem Verbandskasten zusammen gelagert werden, wenn auf den Verbandskasten alle Mitarbeiter Zugriff haben. Das Verbandsbuch sollte folglich dort lagern, wo nur zwingend berechtigte Personen darauf Zugriff haben.

Eine andere Möglichkeit ist es, Verbandsbuch-Blanko-Formulare zu verwenden, in denen durch die Mitarbeiter selbst eine Verletzung oder ein Unfall vermerkt werden können. Diese Formulare werden dann im Falle der Abwesenheit des Ersthelfers in einen verschlossenen Briefkasten geworfen, oder in einem verschlossenen Briefumschlag in den Posteingang des Ersthelfers gelegt. Nach seiner Rückkehr kann der Ersthelfer in das Verbandbuch eintragen.

Ist das Verbandbuch voll, sollte es für 5 Jahre sicher weggeschlossen und anschließend datenschutzkonform vernichtet werden (§ 24 Abs. 6 der DGUV „Grundsätze der Prävention“).

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  • Prima Artikel!

  • Wir lösen das in unserem Betrieb mittels einer zugriffsgesteuerten Datenbank (alle Mitarbeiter haben Zugang zu einem PC.

  • Hallo Zusammen,
    gilt diese Vorgehensweise auch für die DSGVO?
    VG
    Frank M.

  • Besteht nicht einfach die Möglichkeit, von den Mitarbeitern eine Einverständniserklärung unterschreiben zu lassen, dass diese mit der „alten“ Vorgehensweise einverstanden sind? Dieses ganze Datenschutztheater interessiert in diesem Fall nun wirklich keinen Menschen… Die Leute sind froh, wenn sie sich verarzten können, oder ein Ersthelfer da ist! Hier ist des komplett egal, wenn das in einem Buch vermerkt wird (wenn überhaupt)!

    • Grundsätzlich ist nach dem Urteil des BAG eine Einwilligung im Arbeitsverhältnis möglich. Allerdings muss auch im Fall der Einwilligung ein Weg offen stehen, wie mit einer verweigerten Einwilligung oder einem Widerruf der Einwilligung umgegangen wird, da die Erteilung der Einwilligung immer freiwillig sein muss.

  • Wie soll hierbei nachgewiesen werden, dass bei Folgeschäden tatsächlich die Verletzung arbeitsbedingt war? Hier werden die Berufsgenossenschaften sicherlich einige Wege finden, Zahlungen zu verhindern aufgrund Lücken in der Meldung der Verletzungen.

    • Die Unfallanzeige sollte natürlich ebenso wie die Eintragungen im Verbandbuch zutreffend und vollständig sein, sowohl was den Hergang als auch was den Erstschaden angeht. Wenn es Zeugen des Arbeitsunfalls gegeben hat, sind diese zu hören. Aufbewahrungsfristen für ärztliche Unterlagen sind häufig länger als die im Artikel erwähnten mitunter nur noch 5 Jahre für das Verbandbuch. Auch der Versicherte selbst muss gehört werden. Was dann als Unfallhergang, unfallbedingter Erstschaden etc. für die Beurteilung des Folgeschadens zugrunde gelegt wird, ist eine Frage der Beweiswürdigung durch die Behörde bzw. Sozialgerichte. Dabei gilt für beide der Amtsermittlungsgrundsatz, § 20 SGB X bzw. § 103 SGG. Dies ist aber keine datenschutzrechtliche Frage mehr.

      Richtig ist aber, dass es je länger ein Unfall zurückliegt, schwieriger wird, die Kausalität bezüglich neu aufgetretener Folgeschäden nachzuweisen, aus medizinischen Gründen oder weil keine Unterlagen mehr vorhanden sind. Dies ist unabhängig von einer evtl. Verjährungsproblematik ein generelles Problem wenn man nach längerer Zeit noch Ansprüche nachweisen will. Um dem vorzubeugen, sollte der Versicherte rechtzeitig sein Recht auf Auskunft bzw. Akteneinsicht geltend machen und die ihn betreffenden Unterlagen dann selbst aufbewahren.

  • Hallo zusammen,
    wo ist es am sinnvollsten die ausgefüllten Formulare abgeheftet werden?
    Extra Ordner oder geht auch in die Personalakte?
    MfG
    Patrick S.

    • Entscheidend ist, dass die Vertraulichkeit der Formulare gewahrt wird. Diese kann sowohl in einer Personalakte als auch in einem gesonderten Ordner gewährt werden. Sie sollten in jedem Fall sicherstellen, dass nur Personen auf die Formulare Zugriff haben, die die Informationen für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Das wird in der Regel die Personalabteilung sein bzw. ausgewählte Mitarbeiter innerhalb der Personalabteilung.

  • Vielen Dank für den Sehr interessanten Beitrag. Hat ein Mitarbeiter beim Verbandbuch ein Recht auf Löschung oder greift hier die Nachweispflicht vor?

    • Über jede Erste-Hilfe-Leistung müssen nach § 24 Abs. 6 der DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ Aufzeichnungen geführt und fünf Jahre lang aufbewahrt werden. Dies ist eine Rechtspflicht i.S.v. Art. 17 Abs. (3) lit. c) DSGVO und geht als solche dem Recht auf Löschung vor.
      Sollte der Versicherte Sorge haben, dass etwa der Unfallhergang oder der dabei erlittene Erstschaden im Verbandbuch unrichtig oder unvollständig dargestellt worden ist, könnte er ggf. sein Recht auf Berichtigung gemäß Art. 16 DSGVO geltend machen.

  • Hallo,
    dürfen die Meldezettel zum aufbewahren eingescannt und digital abgelegt werden (5 Jahre aufbewahrt werden) oder müssen die Originale in einem händischen Ordner vorliegen?

    • Aus Datenschutzsicht spricht nichts gegen das Digitalisieren der Meldezettel, solange das Aufbewahrungskonzept datenschutzkonform umgesetzt wird. Zu bedenken gilt aber außerhalb des Datenschutzes, dass sich daraus unter Umständen ein zivilprozessrechtliches Beweisthema ergibt. Außerdem sollte die Frage geklärt werden, ob digitalisierte Meldezettel der Unfallversicherung im Ernstfall ausreichen.

  • Hallo
    Bei uns im Betrieb soll bei der wöchentlichen Abteilungsbesprechung mit allen Mitarbeitern die Art und der Grund für meinen Unfall besprochen werden. Ist das datenschutzmäßig überhaupt erlaubt?

    • Grundsätzlich kann der abstrakte Hergang eines Arbeitsunfalls zur Prävention weiterer gleicher Fälle aus Arbeitssicherheitsgründen im Rahmen des Arbeitsverhältnis erforderlich sein. Konkrete Gesundheitsdaten Ihrer Person sollten dabei allerdings nur mit Ihrer Einwilligung preisgegeben werden.

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